Haruki Murakami im Miniaturformat: Birthday Girl ist eine Kurzgeschichte, die schon einmal in Blinde Weide, schlafende Frau erschien, jetzt aber vom Dumont Verlag mit Illustrationen der grandiosen Kat Menschik herausgegeben wurde.
Birthday Girl ist ein wirklich kurze Kurzgeschichte. Der Einstieg ist abrupt, die Handlung in gut zwei Sätzen erzählt und von den 60 groß bedruckten Seiten der eigentlichen Erzählung (die restlichen sind ein Nachwort Murakamis zu Geburtstagen im Allgemeinen und seinem im Besonderen) sind 22 ganzseitige Illustrationen – was keinesfalls etwas Schlechtes ist, besonders nicht, wenn die Illustratorin Kat Menschik heißt.
Murakami erzählt von einer jungen Kellnerin, die an ihrem 20. Geburtstag im Hotelrestaurant arbeiten muss, statt den Tag genießen zu können. Aufgrund eines Zwischenfalls muss sie an diesem Abend dem Inhaber, der im Hotel residiert und den bis auf den Geschäftsführer eigentlich niemand zu Gesicht bekommt, sein Abendessen bringen – eine schicksalshafte Begegnung, denn er verspricht, ihr einen Wunsch zu erfüllen, ganz egal, was für einen.
„Was ich meine, ist […], dass ein Mensch, auch wenn ihm alle Wünsche erfüllt werden, nie mehr werden kann, als er ist.“
Haruki Murakamis Birthday Girl ist anders als seine anderen Kurzgeschichten, die ebenfalls illustriert wurden. Während Schlaf und Die unheimliche Bibliothek noch spannend und verstörend sind, ist Birthday Girl wohl die harmlose kleine Schwester. Sie kommt eher schlicht daher, entwickelt im Laufe der Erzählung allerdings einen märchenhaften Charakter. Was würdest du dir wünschen, wenn du einen Wunsch frei hättest und ALLES möglich wäre? Können uns Wünsche wirklich verändern oder bleiben wir trotz plötzlichen Reichtums oder neuen Jobs tief im Inneren, wer wir waren?
Die Geschichte ist durchaus schön und interessant, hat diese spezielle Murakami-Atmosphäre (vielleicht liegt das an dem Hotel? Ich fühlte mich direkt ein wenig an Mister Aufziehvogel und Tanz mit dem Schafsmann erinnert), aber für mich persönlich nicht so stark, wie die anderen Geschichten, die ebenfalls illustriert wurden. Ich hatte sie vor einigen Jahren bereits in dem Band Frosch rettet Tokyo gelesen, mich jetzt allerdings nicht so genau an sie erinnern können. Gemeinsam mit den Illustrationen wirkt sie aber wesentlich eindrucksvoller als auf sich allein gestellt.
Möge niemals ein dunkler Schatten darauf fallen, wiederholte sie die Worte des Alten in Gedanken. Warum hatte er ausgerechnet diesen ungewöhnlichen Wunsch ausgesprochen?
Kat Menschik hat Birthday Girl illustriert, wie vorher schon auch einige andere Geschichten von Murakami. Zum ersten Mal auf sie aufmerksam wurde ich, als ich die von ihr illustrierte Ausgabe von Die unheimliche Bibliothek in der Stadtbücherei fand – und verliebte mich sofort in ihren Stil. Menschiks Zeichnungen sind manchmal düster und verstörend. Oftmals sind die Farben sehr reduziert, hier in Birthday Girl benutzt sie beispielsweise nur verschiedene Rottöne. Die Motive sind immer künstlerisch innovativ wie kreativ gestaltet und haben meiner Meinung nach einen großen Wiedererkennungswert und eine enorme Anziehungskraft.
Menschik hat neben Birthday Girl unter anderem auch Die Bergwerke zu Falun (E.T.A. Hoffmann), Die unheimliche Bibliothek (Haruki Murakami), Schlaf (Murakami), Die Bäckereiüberfälle (Murakami), Romeo und Julia (William Shakespeare), Ein Landarzt (Franz Kafka), Kalevala (Tilman Spreckelsen) sowie Moabit (Volker Kutscher) mit ihren wunderschönen und einzigartigen Illustrationen verziert.
Andrea von Lesen…in vollen Zügen hat Kat Menschik einen ganzen Blogbeitrag gewidmet – völlig zurecht, würde ich sagen.