Haruki Murakami – Schlaf

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©Dumont Verlag

Schlaflos in Japan

In seiner Erzählung Schlaf erzählt Haruki Murakami die Geschichte einer verheirateten Frau Anfang 30. Sie führt ein beschauliches Leben mit ihrem Mann, sie haben ein gemeinsames Kind, und die namenlose Protagonistin kümmert sich täglich um den Haushalt sowie das Wohl ihrer Familie. Eines Nachts jedoch hat sie einen fürchterlichen Albtraum und kann fortan nicht mehr schlafen.
17 Tage lang verbringt sie in wacher Ekstase, bricht aus ihrem Alltagstrott aus und tut endlich all die Dinge, die sie schon lange hatte tun wollen.

Schlaf ist meiner Meinung nach eine interessante Kurzgeschichte, die dazu anregt, die eigenen Bedürfnisse und Routinen zu reflektieren. Das ganze Buch lang habe ich mich gefragt, warum die Protagonistin diese schönen Dinge, die ihr gut tun (Schokolade essen, mal ein Gläschen am Abend trinken, Weltliteratur lesen), nicht vorher schon gemacht hat. Sie hatte schließlich die Zeit dazu. Aber irgendwie scheint sie erst diesen Anstoß der Schlaflosigkeit zu brauchen, um etwas in ihrem langweiligen Leben zu ändern. Abgesehen davon zeigt uns Murakami auch die Wichtigkeit des Schlafens. Die Heldin hat zwar sehr viel Energie, führt ihre alltäglichen Arbeiten jedoch wie ein Roboter aus, bekommt von ihren Liebsten gar nichts mehr mit und scheint auch Veränderungen ihres eigenen Körpers nicht richtig wahrzunehmen. Kurz: Sie verliert immer mehr den Bezug zur Realität.

Was ich irgendwie nicht so richtig verstanden habe, ist das Ende, das sehr viel Raum für Interpretationen lässt. Ich fand es relativ unpassend und hatte die ganze Zeit über mit etwas anderem gerechnet. Es hätte viele Möglichkeiten geben können, wie Murakami das Ende konstruiert. Ich habe mir verschiedene Sachen vorstellen können (alle etwas surrealer, als das, was letztlich passiert), doch nichts davon ist eingetreten. Das hat mich ein bisschen enttäuscht zurückgelassen.

Dennoch ist auch diese Erzählung wieder schön illustriert worden. Kat Menschik hat sie (wie auch Die unheimliche Bibliothek) mit bedrückenden, faszinierenden Bildern ergänzt. Je mehr Illustrationen ich von Frau Menschik sehe, desto mehr werde ich Fan von ihrer Arbeit.

Schlaf ist eine fast schon philosophische Erzählung über Schlaf und den Alltagstrott, die auf einer wirklich interessanten Idee basiert. Meiner Meinung nach hat Murakami das Potenzial des Endes allerdings nicht voll ausgeschöpft. Somit kommt das schön illustrierte Büchlein nicht an Die unheimliche Bibliothek heran, ist aber trotzdem sehr lesenswert.

4sterne

PS: Wer nicht allzu viel auf ein tolles, stimmungsvolles Drumherum gibt, findet diese Geschichte ohne Illustrationen auch im Erzählband Der Elefant verschwindet.

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