Rebecca Gablé – Der dunkle Thron

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© Bastei Lübbe Verlag

Die Waringhams und die englische Reformation

Nachdem im Jahr 1529 sein Vater stirbt, erbt Nicholas of Waringham neben einer heruntergewirtschafteten Baronie auch die Feindschaft von Henry VIII. Der König versucht sich von der katholischen Kirche loszusagen, um sich von seiner Frau Catalina von Aragon scheiden zu lassen. Schon bald müssen die „Papisten“, unter denen sich Mary, die Tochter des Königs befindet, um ihr Leben fürchten. In den Wirren der Reformation steht einzig Nicholas weiter treu zu Mary und schmiedet einen Plan, der die Prinzessin vor ihrem Vater schützen soll…

In den letzten Jahren habe ich viele historische Romane von Rebecca Gablé gelesen und muss leider sagen, dass Der dunkle Thron mit Abstand ihr schwächstes Buch ist. Was mich am meisten gestört hat, ist vor allem der Hauptcharakter Nicholas of Waringham. Er war mir von Anfang an völlig unsympathisch, was vor allem daran liegt, dass er ständig hohe moralische Ansprüche an andere stellt, die er selbst in keiner Weise erfüllt. Seine Stiefmutter, die durchweg als bösartiger und gemeiner Charakter dargestellt wird und ständig versucht Nicholas zu behindern, beschreibt ihn als „hochmütig und selbstgefällig“ und hat damit völlig Recht. Damit wären wir auch schon bei einem weiteren Kritikpunkt, der Darstellung der Antagonisten. Diese sind eigentlich alle nur böse und egoistisch und besitzen keine nennenswerten positiven Charakterzüge. König Henry VIII. ist nicht mehr als ein fetter, selbstsüchtiger und etwas dümmlicher Monarch, der ab und zu in einer Szene vorkommt, dem Leser ansonsten nicht näher gebracht wird. Man fragt sich nach der Darstellung des Buches, wie er es eigentlich geschafft hat, England solange zu regieren. Auch Thomas Cromwell, eine prägende Figur der englischen Reformation, wird ebenso undifferenziert beschrieben. Er tritt vor allem dann auf, wenn es darum geht, „Papisten“ zu verhaften und zu foltern. Dass er ein sehr streitbarer Charakter ist, soll hier in keiner Weise beschönigt werden, aber sowohl er als auch Henry VIII. haben mehr Differenzierung verdient, als es die Autorin anscheinend für nötig gehalten hat. Im Anhang fällt zudem die Bemerkung, dass Frau Gablé keine Persönlichkeit so sehr gehasst hat wie Henry VIII., was der Handlung häufiger anzumerken ist. Der Versuch Nicholas Stiefmutter und Stiefschwester, von ihm liebevoll „Sumpfhexe“ und „Brechnuss“ genannt, als nur bösartig zu beschreiben, ist zumindest bei mir nicht aufgegangen. „Brechnuss“ ist eigentlich für mich der einzige Charakter, der nicht nur schwarz weiß gezeichnet ist und immer wieder Dinge tut, die mich überraschten. Neben Nicholas spielt vor allem die Prinzessin Mary eine große Rolle. Leider ist ihre Darstellung ebenso wenig differenziert wie die ihres Vaters. Generell wird alles was sie tut oder sagt von Nicholas stillschweigend akzeptiert oder sogar bewundert.

SPOILER!

Verbunden mit Mary ist einer meiner größten Kritikpunkte: Das Ende des Buches. Das Ganze endet mit ihrer Krönung, soweit so gut. Dass sie von ihren Untertanen den Beinamen „die Blutige“ bekam, wird nur in den Anmerkungen kurz erwähnt. Ebenso kurz erwähnt wird, dass unter ihrer Herrschaft ca. 300 Personen, vor allem Protestanten, verbrannt wurden. Dieser Umstand wird von der Autorin lapidar damit erklärt, dass es damals eben so üblich war. Es wirkt seltsam auf mich, wenn die Autorin Henry so stark verurteilt und Mary so sehr verteidigt. Während Henrys 40 Regierungsjahren wurden ca. 80 Personen zum Tode verurteilt, seine Tochter brachte es, wie bereits gesagt, in fünf Jahren dann auf 300. Der Umstand, dass der Roman einfach mit der Krönung endet und die weiteren Entwicklungen von Mary Regierungszeit verschweigt, die ein spannender Stoff gewesen wären, ist mir unerklärlich. Vielleicht hätte es Nicholas dann auch endlich einmal geschafft, Umstände kritisch zu hinterfragen.

SPOILER ENDE!

Neben der Kritik an den Charakteren hat mich vor allem gestört, dass Nicholas häufig nicht dabei ist, wenn etwas Wichtiges geschieht, das die Handlung voranbringt. Als Charakter ist er zwar so angelegt, dass er sich dazu entscheidet, dem Hof fernzubleiben und sich politisch zu isolieren, aber als Leser war es doch langweilig, von großen Ereignissen oftmals nur durch die Berichte von anderen Personen zu erfahren.

Der Tiefpunkt der Waringham Saga

Der dunkle Thron ist für mich der Tiefpunkt um die fiktive Geschichte der Waringhams. Mit Nicholas hat die Autorin einen absolut unsympathischen „Helden“ geschaffen, der mich nach einiger Zeit nur genervt hat und dessen Ansprüche offensichtlich nicht für ihn selbst gelten. Da auch die historischen Persönlichkeiten wie Henry VIII., Thomas Cromwell und Prinzessin Mary nur sehr undifferenziert oder klischeehaft dargestellt werden und die Handlung letztlich nicht wirklich spannend ist, kann ich diesen Teil der Waringham Saga nicht empfehlen.

 

1,55sterne

 

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