David Markson – Wittgensteins Mätresse

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Von der Einsamkeit und Wittgensteins Philosophie

Wittgensteins Mätresse ist ein einziger Monolog der Künstlerin Kate, die alleine in einer Hütte am Strand lebt. Allen Anscheins nach ist sie der letzte Mensch auf Erden, doch der Leser erfährt nicht, wie das passieren konnte. Kate erzählt von ihren Reisen und ihren Versuchen, andere potentielle Überlebende mit Zeichen auf sich aufmerksam zu machen. Sie philosophiert über das Leben, Literatur und Kultur und bedient sich dabei – wie der Titel schon vermuten lässt – an den Ideen des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein.

Vorneweg gilt zu sagen: David Marksons Grundidee ist spitze. Dass eine Frau völlig alleine lebt, und man nicht weiß, ob diese Apokalypse nun wirklich stattgefunden hat oder sie einfach völlig durchgeknallt ist in ihrer Einsamkeit – klasse. Genau das war der Grund, warum ich dieses Buch unbedingt haben wollte. Dann kam leider die Enttäuschung. Markson hat Kate einen Erzählstil verpasst, der mich fast das Buch an die Wand hätte schleudern lassen. Immer und immer wieder.

Möglicherweise ist es auch länger her. Allerdings. Und selbstverständlich war ich für eine bestimmte Periode auch nicht bei Sinnen. Damals.

Ich habe auch Ausschau gehalten, als ich nach Mexiko fuhr. Natürlich.

Der Umkehrschluss dieser Feststellung ist genauso wahr. Offensichtlich.

Häufig beobachtete ich die untergehende Sonne von Autos aus. Ebenso.

Und immer so weiter. Auf normale Sätze folgen diese ein-Wort-Sätze. Oftmals. Es hat mich beim Lesen wahnsinnig gemacht. Genau wie Kates ständige Wiederholungen von Dingen, die sie schon einmal gesagt hat, schon einmal getan hat. Ja, das alles trägt dazu bei, dass man ihr als Erzählerin kein bisschen vertrauen kann und das ist auch die Intention des Autors. Und es zeigt auch, wie sehr ihr Sprachvermögen unter der Einsamkeit leidet. Trotzdem hätte es weniger auch getan, um dem Leser seine Botschaft deutlich zu machen. Es kommt auch alles ganz wunderbar postmodern rüber, so wie es sein soll. Doch durch diese ständigen Wiederholungen wurden die knapp 300 Seiten auch wahnsinnig langatmig. Ich habe mich oft dabei ertappt, ganze Passagen zu überspringen, obwohl ich so etwas fast nie mache. Ganz egal, nach wie vielen Sätzen oder Seiten ich dann weitergelesen habe, hatte ich nicht das Gefühl, irgendetwas verpasst zu haben. Was Markson auf all den Seiten ausdrückt, hätte man auch auf 80-120 Seiten geschafft, behaupte ich mal ganz kühn. Und dann hätte es mir wahrscheinlich wesentlich besser gefallen.

Dennoch muss ich sagen, dass die philosophischen Ideen interessant waren. Ich hatte mich vorher nie mit Wittgenstein beschäftigt, hatte nach dem Lesen dieses Romans allerdings das Gefühl, ein bisschen klüger zu sein – also war es immerhin nicht umsonst. Im Anhang finden sich noch zwei Texte von Elfriede Jelinek und David Foster Wallace, die noch einmal ein paar Dinge erklären, die man als Leser vielleicht nicht so bewusst aus dem Roman mitgenommen hat.

Eine langatmige Tortur, bei der man allerdings auch einiges lernt

Wittgensteins Mätresse ist sicherlich spannend für Leute, die sich für Wittgensteins Theorien oder Sprachphilosophie im Allgemeinen interessieren. Wäre das Buch kürzer und mit weniger anstrengenden Sätzen gespickt, könnten es auch Philosophie-Laien genießen. Wer die Muße hat, sich durch Kates völlig meschugge Gedanken zu kämpfen, wird mit ein paar faszinierenden Einsichten belohnt – wenn er das Buch nicht vorher laut brüllend in die Tonne haut.

2,5sterne

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