© Deutscher Taschenbuch Verlag
Die Geschichte eines Straßenjungen
Mit zehn Jahren wird Nelio von „revolutionären“ Banditen aus seinem Heimatdorf vertrieben und muss mitansehen, wie seine Schwester ermordet wird. Durch die Wildnis flieht er in eine Großstadt, wo er Anführer einer Gruppe von Straßenkindern wird. Schließlich findet der Bäcker José Antonio Maria Vaz Nelio, durch einen Schuss verletzt, auf dem Dach einer Bäckerei. Dem Jungen bleiben nur wenige Tage um seine Lebensgeschichte zu erzählen, denn er weiß, dass er sterben wird, wenn seine Geschichte zu Ende ist.
Obwohl Nelio erst zehn Jahre alt ist, hat er in seinem Leben bereits viel erlebt und sowohl positive, als auch viele negative Erfahrungen gemacht. Henning Mankell, der abwechselnd in Schweden und Mosambik lebte, zeigt an der Geschichte von Nelio gesellschaftliche und soziale Probleme in seiner Wahlheimat auf. Sein Protagonist ist unter den Straßenkindern eine besondere Gestalt, fast schon magisch. Er lehnt Gewalt ab und hat es geschafft, sich als Straßenkind nie zu prügeln. Außerdem gibt er den Mitgliedern seiner Gruppe durch seine Geschichten Hoffnung und versucht, ihre Träume zu verwirklichen. Sein Verhalten und seine Art zu denken entsprechen nicht denen eines Zehnjährigen, was manchmal etwas verwirrend war. In meiner Vorstellung war er eher schon ein alter Mann und kein Junge. Was mich beim Lesen etwas irritiert hat war, dass Nelio immer wieder als sehr besonders beschrieben wird, was genau das ist kam aber für mich doch etwas zu kurz und seine Weisheit, die ihn so bekannt macht, wirkte manchmal etwas banal. Etwas ermüdend zu lesen war die Rahmenhandlung des Bäckers, der Nelio auf dem Dach findet. Sein immer gleicher Tagesablauf wird mir zu häufig beschrieben und ist letztlich für das Verständnis des Buches auch von keiner Bedeutung.
Die Gratwanderung zwischen dem täglichen Elend und den Hoffnungen und Träumen gelingt dem Autor gut. Teilweise ist es schwer zu ertragen, wie das Leben der Gruppe um Nelio geschildert wird und hat mich emotional sehr berührt. Mankell gelingt es ein authentisches Bild des Lebens der Straßenkinder zu zeichnen und ihrem Schicksal Würde zu verleihen.
Lesenswert, mit kleinen Einschränkungen
Der Chronist der Winde hat mir grundsätzlich gut gefallen. Allerdings gab es ein paar Dinge die mich gestört haben. Die Rahmendhandlung des Bäckers war eher überflüssig, voller Wiederholungen und somit eher langweilig. Dazu kommt, dass Nelio als sehr besonders beschrieben wird, wie diese Besonderheit sich allerdings äußert, wird mir nicht wirklich klar. Durch seine Darstellung hatte ich zudem öfter das Gefühl, etwas Märchenhaftes zu lesen, da seine Gedanken und Ausführungen einfach nicht zu einem zehnjährigen passen. Trotzdem gelingt es dem Autor, ein authentisches Bild des alltäglichen Lebens darzustellen.
Persönliche Anmerkung: Ich glaube, dass der Roman für Personen, die mit der afrikanischen Geschichte vertraut sind und die dortigen aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen verfolgen, zu oberflächlich und teilweise banal sein kann.