Insgesamt acht Bücher haben wir im Mai gelesen, darunter Fantasy, einen Klassiker, Kurzgeschichten und einen äußerst polarisierenden Autor. Im Folgenden erfahrt ihr, welche davon uns besonders überzeugen konnten:
Daniel Kehlmann – Tyll
Daniel Kehlmann versetzt die legendäre Figur des Tyll Ulenspiegel in die Zeit des dreißigjährigen Krieges. Tylls Vater wird wegen Hexerei verurteilt, Tyll flieht mit der Bäckerstochter und zieht fortan als Schausteller durch das vom Krieg zerstörte Land. Der eher episodenhaft wirkende Roman spielt gekonnt mit der Fiktion. Tyll taucht immer wieder an verschiedenen Orten auf und trifft auf teils kuriose Persönlichkeiten. Die Kapitel sind dabei nicht chronologisch erzählt. Ohne dem Kriegsgeschehen viel Platz einzuräumen, zeigt Kehlmann dennoch prägnant, wie dieser den Alltag bestimmt. Die ausführliche Rezension erfolgt demnächst.
Françoise Sagan – Bonjour Tristesse
Die siebzehnjährige Cécile aus gutem Hause reist mit ihrem Vater und dessen Geliebten Elsa in den Sommerferien an die Côte d’Azur, um dort in einer gemieteten Villa dem luxuriösen Nichtstun zu frönen. Doch zwischen ausschweifenden Partys und Segeltörns mit Céciles Schwarm Cyril taucht plötzlich eine alte Freundin ihrer Mutter auf und bedroht das komfortable Leben, das sie und ihr Vater sich aufgebaut haben. Sagan, die erst 18 Jahre alt war, als sie diesen mittlerweile als Literaturklassiker zählenden Roman verfasste, schafft es, eine traumhafte Kulisse zum Ort eines Albtraums werden zu lassen. Abgeklärt und doch aufmüpfig kommt Protagonistin und Erzählerin Cécile unglaublich authentisch rüber und das knapp 160 Seiten kurze Büchlein entwickelt einen beeindruckenden Sog, der seine Leser bis zur letzten Seite fesselt. Eine Besprechung dieses damals große Wellen schlagenden Romans erfolgt demnächst.
Peter Stamm – Blitzeis
In neun Erzählungen nimmt uns Peter Stamm mit in die eisige Kälte des menschlichen Herzens. Es geht immer um Einsamkeit, Sehnsucht, um tragische Schicksale und zerbrechende Beziehungen. Mit klarer Sprache und doch zärtlich wirft Stamm einen melancholischen Blick auf unsere Gesellschaft, in der das Glück nur flüchtig ist und immer eine schmerzende Leere hinterlässt. Einige Worte zu dem Kurzgeschichtenband findet ihr hier.
Jeff Vandermeer – Borne
In einer nahen Zukunft überlebt Rachel als Sammlerin von Überresten in einer zerstörten Stadt, die von einem Riesenbären heimgesucht wird. Bei ihren Streifzügen findet sie im Fell des Bären das Wesen Borne, das nicht nur Rachels Leben, sondern das der ganzen Stadt verändern wird. Vandermeer erzählt spannend, in einem abwechslungsreichen Szenario von Beziehungen, die auf die Probe gestellt werden. Dabei überlässt er vieles der Fantasie und der Interpretation seiner Leser. Ein sehr lesenswerter postapokalyptischer Roman, den wir hier bereits rezensiert haben.
Christoph Ransmayr – Atlas eines ängstlichen Mannes
Christoph Ransmayr führt Reisetagebuch – und was für ein poetisches! Wir begleiten den österreichischen Schriftsteller durch alle nur denkbaren Länder, Orte und Landschaften der Welt: durch Tibet, Neuseeland, Chile, Jemen, Polen, Indonesien, Sri Lanka, Russland, Island, China, Marokko, Griechenland, Laos, in die Berge, auf See, in Gefahrengebiete und riskante Situationen, immer in Kontakt mit Einheimischen. Eine wunderschöne literarische Liebeserklärung an das Reisen, an unseren Planeten Erde!
Michel Houellebecq – Plattform
Michel ist Beamter im Kulturministerium und besucht nach der Arbeit in der Regel Peep-Shows. Während einer Thailand-Reise lernt er Valérie kennen, die in der Reisebranche arbeitet und entwickelt mit ihr einen Cluburlaub, der das Verlangen nach Sextourismus befriedigen soll und ein voller Erfolg wird. Houellebecq macht in dem bereits 2001 erschienen Roman das, was er wohl am besten kann: provokant, aber dennoch intelligent von Menschen in den modernen westlichen Gesellschaften erzählen. Und natürlich kann man ihm auch hier bereits Islamophobie und Sexismus vorwerfen. Eine Beurteilung von Houellebecq fällt zugegebenermaßen schwer. Sobald alle Eindrücke eingeordnet sind, kommt die Rezension.
Kanae Minato – Schuldig
Fukuhase erhält anonyme Briefe, in denen er als Mörder bezichtigt wird. Was ist da dran? Trägt er wirklich die Schuld an dem Tod seines Kommilitonen? Während in Rückblenden von dem verheerenden Wochenende berichtet wird, muss Fukuhase feststellen, dass nicht nur er die Briefe erhält – und nicht jeder Mensch in seinem Leben so ist, wie er dachte. Kanae Minatos erster Roman, Geständnisse, hat mich total vom Hocker gerissen – und dadurch leider die Messlatte ziemlich weit oben angesetzt. Schuldig ist ein deutlich ruhigerer Roman, mit einer eher unterschwelligen Spannung. Auch wenn es wenige Twists und Überraschungen gibt, kann das Buch aber durch ein fulminantes Ende noch mal einige Punkte dazugewinnen. Wir haben diesen Roman schon ausführlich rezensiert.
Alex Marshall – A Crown for Cold Silver
Der erste Teil der Crimson Empire Reihe ist düster, sarkastisch, unterhaltsam und durchaus anders als andere Fantasyromane. Erzählt wird die Geschichte der älteren Frau Zosia, die auf Rache sinnt, nachdem ihr Mann ermordet wird. Nach und nach wird immer mehr über ihre Vergangenheit und ihre Bedeutung für den Kontinent offenbart. Mit dem ersten Satz „It was all going so nicely, right up until the massacre.“ bekommt der Leser eigentlich direkt einen sehr guten Eindruck über die Art des Romans. Typisch für den Einstieg in eine Reihe wird hier noch recht viel erklärt und World-building betrieben. Dennoch baut Marshall bereits ausreichend Spannung auf, um mehr als nur Neugierde auf den nächsten Band zu machen. Ein eigener und gut durchdachter Start in eine düstere Fantasywelt. Auch hier wird die ausführliche Besprechung in den nächsten Wochen erfolgen.
Hallo,
da sind ein paar Bücher dabei, die ich auch noch lesen will! Um Michel Houellebecq habe ich bisher allerdings einen Bogen gemacht… Vielleicht zu unrecht?
LG,
Mikka
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Er ist halt schon ein recht eigener Autor, der sehr gerne provoziert und direkt schreibt. Ist mit Sicherheit nicht für jeden etwas. Am besten einfach ausprobieren, so dick sind die Romane auch nicht.
LG
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