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California Dreaming
Joan Didion ist eine amerikanische Journalistin und Schriftstellerin, die unter anderem regelmäßig für The New Yorker und The New York Review of Books schreibt. Slouching Towards Bethlehem (deutscher Titel: Stunde der Bestie) ist eine Sammlung von Essays, welche im Laufe der Jahre in verschiedenen Magazinen erschienen sind.
Das Buch ist der literarischen Gattung Faction zuzuordnen – der Begriff setzt sich zusammen aus den Wörtern fact und fiction. Im Deutschen wird auch der Name Faktografie benutzt. Thematisch ist das Buch weitgreifend, verlässt bis auf eine Geschichte allerdings nie den Staat Kalifornien. Es geht um einen Mordfall, die Insel Alcatraz, John Wayne, Joan Baez, Selbstrespekt, Moral, Hawaii nach Pearl Harbor und um verdammt viele Hippies.
That was the year, my twenty-eighth, when I was discovering that not all of the promises would be kept, that some things are in fact irrevocable and that it had counted after all, every evasion and every procrastination, every mistake, every word, all of it.
Manche Essays sind recht nüchtern gehalten, in vielen wird beobachtet, in einigen geht es um Didions private Ansichten und Erlebnisse ihrer Jugend. Trocken ist jedoch keine der Erzählungen, man kann sie sich vielmehr als Reportagen in verschiedenen Längen vorstellen. Alles, was hier zu lesen ist, ist wirklich geschehen, nichts ist dazugedichtet. Es sind lauter Fakten, präsentiert auf eine mal mitreißende, mal nostalgische, mal äußerst humorvolle Art. Die Sprache der Essays ist nicht so schlicht wie man es vielleicht aus dem Journalismus kennt, aber auch nicht besonders blumig, eine gesunde Mischung würde ich sagen. Ob die deutsche Übersetzung gelungen ist, kann ich an dieser Stelle leider nicht beurteilen, da ich nur die Originalversion gelesen habe.
Didion hat ein Porträt des Kaliforniens der 1960er Jahre geschaffen, das wirklich abwechslungsreich ist. Einige der Essays waren für mich leider nur semi-interessant (wie zum Beispiel das über John Wayne aber das ist wohl einfach Geschmackssache), andere wiederum genial – vor allem die titelgebende Story Slouching Towards Bethlehem hat mich sehr zum Lachen gebracht:
I say what I really want is to spend a few days with Norris and his wife and the rest of the people in the house. Norris says it would be a lot easier if I’d take some acid. I say I’m unstable. Norris says all right, anyway, grass, and he squeezes my hand.
One day Norris asks how old I am. I tell him I am thirty-two. It takes a few minutes, but Norris rises to it. „Don’t worry,“ he says at last. „There’s old hippies too.“
Dadurch, dass so viele verschiedene Themen behandelt aber auch angeschnitten werden, wurde mein Interesse für Details geweckt. Mehrmals habe ich Google befragt, wie das denn genau war, was Didion in einigen Nebensätzen erwähnt hat. Selten hat eine Lektüre mich dazu gebracht, noch so viele weitere Informationen auf eigene Faust zu sammeln.
Interessantes Porträt der 60er
Joan Didions Essay-Sammlung Slouching Towards Bethlehem (Stunde der Bestie) ist ein interessantes Stück Faction-Prosa, das unterhält, fasziniert, Lebensweisheiten liefert und zum Weiterbilden anregt. Manche der Kapitel haben mir weniger gut gefallen als die anderen, die „Titelstory“ jedoch ist meiner Meinung nach besonders gelungen – witzig und gleichzeitig schockierend. Ich fand es eine sehr angenehme Alternative zum klassischen Roman.