Anthony Doerr -Alles Licht, das wir nicht sehen

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© C. H. Beck Verlag

Die schicksalhafte Begegnung zweier Menschen während des 2. Weltkriegs

Im Jahr 1944 flieht die blinde Marie-Laure mit ihrem Vater, einem Angestellten des „Muséum National d’Histoire Naturell“, aus dem besetzten Paris zu ihrem Onkel nach Saint-Malo. In ihrem Gepäck befindet sich der wohl wertvollste Schatz des Museums. Im Ruhrgebiet wächst Werner Hausner als Waisenjunge auf. Aufgrund seiner technischen Begabung wird er gefördert und kommt zu einer Spezialeinheit der Wehrmacht, deren Aufgabe es ist, Sender von Widerstandskämpfern aufzuspüren.

In seinem Roman Alles Licht, das wir nicht sehen erzählt der Autor Anthony Doerr die Geschichte zweier Menschen, deren Leben sich nur kurz berühren, aber durch das Schicksal eng verknüpft sind. Der Werdegang der beiden Hauptprotagonisten wird von früher Kindheit an erzählt, in meistens sehr kurzen Kapiteln von häufig nur zwei bis drei Seiten, die eher wie Momentaufnahmen wirken. Dabei wird der Leser nach und nach mit den Ereignissen bekannt gemacht, welche das Leben von Marie und Werner bestimmen. Diese kurzen Momentaufnahmen waren für mich anfangs sehr gewöhnungsbedürftig. Die häufigen Zeitsprünge, Perspektivwechsel, mit denen meistens auch ein unterschiedlicher Erzählschwerpunkt einhergeht, haben meinen Lesefluss zunächst gestört. Nachdem ich mich aber immer mehr mit dem Erzählstil angefreundet hatte, war ich vor allem von der Schilderung um das Leben der erblindeten Marie begeistert. Ich finde es sehr bemerkenswert, wie es dem Autor gelingt, ihr Leben mit dieser sehr starken Einschränkung zu beschreiben und die Welt aus ihrer Sicht zu schildern. Auch die enge Beziehung zu ihrem Vater und dessen Bedeutung für ihren Umgang mit der Blindheit spielen eine wichtige Rolle. Im Gegensatz zu Marie hat mich das Schicksal von Werner nicht so stark berührt. Sein Werdegang, vom Waisen im Ruhrgebiet an die Napola und zur Wehrmacht, ist zwar auch lesenswert, vor allem die Episoden um seinen besten Freund, war für mich aber insgesamt nicht so interessant wie eben die Geschichte um Marie. Als wirklich störend habe ich die Handlung um den Feldwebel von Rumpel empfunden. Seine Jagd nach einem mysteriösen Edelstein, die quer durch Europa führt, hätte für mich auch komplett gestrichen werden können, da sie viel zu sehr ins märchenhafte abdriftet.

Generell hatte ich häufig das Gefühl, dass der Roman in erster Linie nicht von seiner Spannung lebt, sondern von seiner Sprache. Der Autor benutzt unheimlich viele Adjektive, wodurch der Stil sehr bildhaft wird. Mir war es teilweise zu überladen und an manchen Stellen wirkt manche Metapher  zu bemüht. Allerdings sehr passend ist, dass durch den Stil eine insgesamt traurige und melancholische Stimmung entsteht, die den erzählten Geschichten sehr gut entspricht.

Eine leichte Enttäuschung aufgrund zu hoher Erwartungen

Alles Licht, das wir nicht sehen von Anthony Doerr hat mir insgesamt gut gefallen. Aber wenn ich ehrlich bin, hatte ich nach den vielen sehr positiven Kritiken und dem Pulitzer Preis noch etwas mehr erwartet. Am stärksten ist das Buch für mich, wenn der Autor Marie und ihre Sicht auf die Welt beschreibt, die mich wirklich berühren konnte. Etwas unschlüssig bin ich, was den Stil angeht. Auf der einen Seite gelingt des Anthony Doerr unheimlich gut verschiedene Stimmungen und Zustände zu be- und umschreiben, aber auf der anderen Seite wurde es mir immer wieder auch etwas zu viel, so dass es zu bemüht wirkte. Trotz dieser Kritikpunkte, die wohl einer zu hohen Erwartungshaltung entspringen, würde ich das Buch empfehlen.

4sterne

 

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