Eine karge und einsame Insel als heimliche Protagonistin
Im Jahr 1888 bringt Will Waters, ein Bürgerkriegsveteran, seine schwindsüchtige Frau Marantha auf die Insel San Miguel vor der kalifornischen Küste. Will erhofft sich dort die Genesung seiner Frau. Die beiden werden von ihrer Adoptivtochter Edith begleitet, die unter Wills Strenge leidet und versucht, ihm zu entkommen. Jahre später zieht Herbie Lester, ebenfalls ein Kriegsveteran, mit seiner Frau Elise von New York nach San Miguel. In Zeiten der Wirtschaftskrise werden die beiden von der amerikanischen Presse als Inbild einer starken Pionierfamilie gefeiert, doch hinter ihrer schönen Fassade zeigen sich bereits erste Risse.
T.C. Boyle zeichnet in seinem Roman San Miguel das Schicksal dreier Frauen, die auf der einsamen Insel versuchen, sich ein neues Leben aufzubauen und ihr Glück zu finden. Boyle charakterisiert die Frauen sehr eindrücklich, so dass ich schnell das Gefühl hatte, lebendige Figuren in ihrem Leben zu begleiten. Alle Frauen müssen sich den Visionen ihrer Männer unterordnen und versuchen sich damit zu arrangieren. Die Ehemänner werden als Pioniere dargestellt, die dem amerikanischen Traum hinterherjagen. Die Handlung bietet keine besonderen Höhepunkte sondern ist eher eine Charakterstudie, trotzdem ist der Roman flüssig und spannend zu lesen.
Die heimliche Hauptfigur des Romans ist aber die namensgebende Insel San Miguel. Auf der Insel gibt es nur ein verfallenes Haus und eine ganze Menge Schafe. Durch die Kargheit in der Sprache wird die Insel gleichermaßen beschrieben, denn neben der Arbeit mit den Schafen gibt es nichts zu tun. Die Insel ist dem harten Wetter ausgesetzt und bietet nur wenige sonnige Tage. Obwohl die Geschichte immer auf derselben Insel spielt, betrachtet der Leser sie immer wieder aus einem anderen Blickwinkel. Es macht einen großen Unterschied ob man sie aus dem Blickwinkel der kranken Marantha betrachtet, die dem einsamen und entbehrungsreichen Leben nicht viel abgewinnen kann, oder durch die Augen einer anderen Frau, die auf der Insel scheinbar ihr Glück gefunden hat.
Boyle orientiert sich in seiner Geschichte an wahren Begebenheiten, denn über beide Familien liegen Dokumente vor, die ihr Leben auf San Miguel beschreiben. Durch die präzise und wortgewandte Sprache des Autors werden historische Geschehnisse wieder zum Leben erweckt und mit der Fiktion des Autors verbunden.
Stimmungsvolle Charakterstudie
Mit seinem Roman San Miguel gelingt Boyle eine Charakterstudie dreier Frauen, die stilistisch sehr gut gelungen ist, dabei aber keine wirklichen Höhepunkte bietet. Besonders gefallen hat mir die Darstellung der Insel, die auch immer wieder das Innenleben der Figuren spiegelt und die eigentliche Hauptfigur des Romans ist. Leider wird im Klappentext des Buches meiner Meinung nach zu viel der Handlung bereits vorweggenommen, weshalb es für mich etwas gedauert hat, bis Spannung aufgekommen ist.
Das Cover ist aber auch sehr hübsch. 😍
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Das stimmt. Das hat auch mit zur Kaufentscheidung beigetragen ;)
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