Der Journalist Dennis Gastmann hat mit seiner aktuellen Reiseerzählung Der vorletzte Samurai ein bezauberndes, authentisches und sehr unterhaltsames Porträt Japans aus den Augen eines Gaijins geschaffen.
Dennis Gastmann, Journalist und Autor verschiedener Reisebücher (Mit 80.000 Fragen um die Welt, Gang nach Canossa, Geschlossene Gesellschaft, Atlas der unentdeckten Länder) und seine Ehefrau Natsumi beschließen, ihre Flitterwochen nachzuholen – in Japan, der Heimat von Natsumis Vorfahren. Begleitet werden sie von Gastmanns Schwiegereltern, der strengen, aber mütterlich-liebevollen Katsumi sowie dem entspannten und schweigsamen Hage-san. Mal gemeinsam, mal getrennt, besuchen sie die Familie in Tokyo und Kobe und besichtigen unter anderem die drei schönsten Landschaften Japans, während Gastmann versucht, die Seele Japans in seinem Buch festzuhalten.
Dieser Taumel, diese Trance und dann diese absolute Ruhe, nichts als Zen. Japan mäanderte. Es war so schrill und doch so leise. So in sich gekehrt und so grell. So nobel und dann so obszön. So verschreckend wie ein böses Wunder und zugleich so berauschend wie das erste Licht eines neuen Morgens.
Eigentlich hatten wir für den letzten Herbst eine zweiwöchige Japanrundreise geplant, mussten diese aber leider auf unbestimmte Zeit verschieben. Stattdessen waren wir in Irland, was auch wundervoll war, aber der Traum von Japan steht immer noch. Irgendwann in den nächsten Jahren werden wir es auch definitiv noch schaffen – in der Zwischenzeit müssen wir uns wohl mit Romanen japanischer Autoren, Haiku, Tanka und Reiseberichten aus dem Land der aufgehenden Sonne zufrieden geben.
Dafür ist Gastmanns Buch auch absolut perfekt geeignet. Auf knapp 250 Seiten entführt er seine Leser auf die japanischen Inseln und beweist mit seinen Anekdoten und Episoden erstens ein unglaublich gutes schriftstellerisches Händchen, und zweitens ein exzellentes Gespür für die richtigen Momente, die eingefangen werden sollten und seine Leser unterhalten werden. Von der Tante, die schon seit zehn Jahren Deutsch lernt, aber als einziges deutsches Wort bei ihrem Besuch nur „Entenfamilie!“ herausbekommt, über die zu allen Attraktionen pilgernden chinesischen Touristen bis hin zu betrunkenen japanischen Stylisten, weiß Gastmann enorm gut Situationskomik festzuhalten und seinen Lesern neben den üblichen Beschreibungen von Sehenswürdigkeiten einiges zu bieten. Neben all der Komik kommen aber auch detaillierte und fast schon poetische Landschaftsbeschreibungen nicht zu kurz.
Jetzt rauschte noch einmal alles an uns vorbei, was ein ordentlicher LSD-Trip zu bieten hat: ein glühender Pinocchioschädel, ein Trommelhase mit Pfauenfedern und keyboardspielende, pompöse Zebras, die andere Zebras auf ihren Zebraschultern balancierten. […] „A hundred percent bonkers, two hundred percent brilliant“, applaudierte der Holzfäller hinter uns. Genau so hatte er sich Japan wohl vorgestellt.
Die Kapitel im Buch sind nach den verschiedenen Stationen Gastmanns und seiner Frau Natsumi unterteilt: Tokyo, Sendai, Hakodate, Nikko, Kyoto, Hiroshima, Beppo, Kagoshima, Fukuoka und Kobe werden angesteuert und porträtiert, mit den Städten und ihren Umgebungen auch allerlei Besonderheiten wie das völlig abgedrehte Roboter-Restaurant sowie die einheimischen Bürger. Der Großteil der Reise spielt sich auf der Hauptinsel Honshu ab, doch verschlägt es den deutschen Journalisten und seine halb-japanische Frau auch nach Hakkaido im Norden und Kyushu im Süden. Im beständigen Wechsel zwischen Witz, Verblüffung und Bewunderung gelingt es Gastmann, ein vielfältiges, unterhaltsames und vor allem Fernweh schürendes Bild Japans, seiner Städte, Landschaften und Bewohner zu zeichnen.
Katsumi-san kann summend und tanzend auf ihren Pantoffeln zwischen Küche und Esszimmer hin- und hersausen und den Tisch über und über mit Wundern bedecken. „Tabe, tabe!“, ruft sie dann, „iss, iss!“, um danach freundlich süffisant zu erklären, dass der, der zu viel isst und trinkt, früher stirbt.
Dennis Gastmann porträtiert in seinem Buch Der vorletzte Samurai ein Japan zwischen Tradition und Moderne, zwischen Neon, Lasern und heiligen Tempeln, zwischen Ernsthaftigkeit, Schüchternheit und Verrücktheit, zwischen Touristenströmen und Bars, in die in 30 Jahren noch kein einziger Ausländer einen Fuß gesetzt hat. Ein Land voller Gegensätze, unverständlich für einen Europäer, sowohl vor als auch nach der Reise – doch das hält ihn nicht davon ab, sich in dieses Land zu verlieben. Nach der Lektüre habe ich erst recht wieder Lust, doch endlich mal nach Japan zu reisen – und freue mich, die Welt vom heimischen Sofa aus mit Gastmanns anderen Büchern entdecken zu können.
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