Lateinamerika – 10 Autoren, 10 Bücher

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Der Sommer war noch gar nicht wirklich da, ist aber schon wieder weg. Seit Wochen fühlt es sich eher nach September und Oktober an als nach Juli und August. Die Pullover liegen ständig griffbereit, die Kleider und kurzen Hosen ganz tief hinten im Schrank. Der Urlaub ist schon vorbei? Oder ihr fahrt dieses Jahr gar nicht mehr weg? Kein Grund für Trübsal und Schlecht-Wetter-Blues.

Wir haben für euch 10 Bücher von 10 verschiedenen lateinamerikanischen Autoren zusammengestellt, die euch von eurem Sofa unter der Wolldecke hinfort in ihre kleinen, vor Hitze flirrenden Bergdörfer entführen können, und das alles gleich auf der ersten Seite. Wir haben schon lange eine große Leidenschaft für Schriftsteller aus diesem Teil der Welt, da sie es meisterhaft beherrschen, eine bestimmte Atmosphäre für ihre Romane zu erschaffen.

Hier sind für euch, passend zum Tag der Buchliebhaber, zehn Romane, mit deren Hilfe ihr in Abenteuer in Lateinamerika abtauchen könnt.

 

 Juan Rulfo – Pedro Páramo (Mexiko, 1955)

Der übermächtige Großgrundbesitzer Pedro Páramo hat in dem heruntergekommenen Dorf Comala »Ordnung«, Friedhofsruhe geschaffen. Doch die Toten reden sehr lebendig in ihren Gräbern weiter, erzählen seufzend von seinen Untaten, und die Lebenden scheinen schon lange tot zu sein. Die ferne Regierung kümmert sich nicht um Armut und Leid in dieser wüsten Einöde. Der junge Juan Preciado erzählt diese Geschichte – als postumen Monolog und im Dialog mit einer Bettlerin, neben der er im Grab liegt.

 

Paulo Coelho – Veronika beschließt zu sterben (Brasilien, 1998)

Die Geschichte einer unglücklichen jungen Frau, die sterben will und erst angesichts des Todes entdeckt, wie schön das Leben sein kann, wenn man darum kämpft und etwas riskiert. Ein wunderbares Buch über die Prise ›Verrücktheit‹, die es braucht, um den eigenen Lebenstraum Wirklichkeit werden zu lassen, und eine große Liebeserklärung an das Glück in jedem von uns.

Lateinamerika-bücher

Roberto Bolaño – 2666 (Chile, 2004)

Ein Quartett durchgedrehter Germanisten, das einen verschollenen Schriftsteller jagt. Ein Kommissar in einer mexikanischen Wüstenstadt, in der Hunderte von Frauen vergewaltigt und ermordet wurden. Ein amerikanischer Journalist, der dort über einen Boxkampf berichten soll und sich verliebt. Und in ebendieser Stadt wurde der Schriftsteller zuletzt gesehen. Alles hängt mit allem zusammen, die Wege und die Spuren kreuzen sich – aber die Welt bleibt ein Rätsel. Roberto Bolaños postum erschienener Roman ist eine atemberaubende Reise ins finstere Herz der Gegenwart, ein Jahrhundertwerk und weltweiter Bestseller.

 

Jorge Luis Borges – Die unendliche Bibliothek (Argentinien)

Jorge Luis Borges macht die Bücher zum eigentlichen Helden der Literatur und den Leser zu seinem Komplizen. Der Herausgeber Alberto Manguel, Autor der »Geschichte des Lesens«, ist wie kein zweiter geeignet, uns in Borges‘ spiegelreiche und fantastische Bibliothek einzuführen: In seiner Jugend war Manguel Vorleser des erblindenden Autors. Seine umfassende Auswahl der wichtigsten Erzählungen, Essays und Gedichte von Borges ergänzt Manguel mit einem persönlichen Porträt des großen Argentiniers.

 

Julio Cortazar – Rayuela (Argentinien, 1963)

Im Zentrum steht der Argentinier Oliveira, der zusammen mit seiner Geliebten Maga einem Künstlerzirkel der Pariser Bohème angehört. Schriftsteller, Künstler und verkrachte Genies debattieren in dem ›Klub der Schlange‹ über Kultur, Philosophie, Liebe und Jazz. Für den zynischen Oliveira ist Maga so etwas wie die Unschuld des Lebens, reine Sinnlichkeit. Doch alles ist in Auflösung begriffen: der Klub zerfällt, Maga verschwindet, und Oliveira wird des Landes verwiesen. Zurück in Buenos Aires, imaginiert er sich in der Frau eines alten Freundes seine verlorene Maga. Immer tiefer verstrickt er sich in seine Wünsche, die allmählich wahnhafte Züge annehmen …
Spielerisch ebnet Cortázar dem Leser einen Weg durch das Labyrinth dieses einzigartigen Romans und macht ihn mit jeder Seite mehr zu seinem Komplizen, denn bei »Rayuela« handelt es sich laut Cortázar um zwei Bücher in einem: Das erste mögliche Ende ist nach 56 Kapiteln erreicht, aber in den darauf folgenden Kapiteln, durch die man wie im Himmel-und-Hölle-Spiel springen kann, findet der Roman immer wieder andere Fortsetzungen.

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Alejandro Zambra – Bonsai (Chile, 2006)

Julio liebt Emilia, Emilia liebt Julio, beide lieben Proust – beide haben in Wirklichkeit nicht eine Seite Proust gelesen –, ein Jahr lang sind sie während ihres Studiums liiert, dann verlässt sie ihn, und er liebt sie weiter, sie geht nach Europa, und er liebt sie weiter, die Zeit vergeht, und er liebt sie weiter, sie stirbt, und er liebt sie weiter, Jahre später erinnert er sich, und er liebt sie immer weiter. Bonsai ist die blendend schöne Miniatur einer epischen Liebesgeschichte: ein kunstvoll geraffter Roman über die erotisierende Wirkung von Lektüren, missverstandene körperliche Zuneigung und die nicht enden wollende Sehnsucht nach dem anderen.

 

Mario Vargas Llosa – Gespräch in der Kathedrale (Peru, 1969)

Mario Vargas Llosas Kathedrale ist ein in flagrantem Widerspruch zu seinem hochtrabend-ehrwürdigen Namen schmieriges Lokal, Symbol dieser sehr wohlanständigen, sehr katholischen, sehr alten Stadt Lima. In diesem Lokal führen der Herrensohn Zavala und der schwarze Diener Ambrosio das lange, eine Vielzahl von Einzelschicksalen rekonstruierende Gespräch, das den Rahmen des Romans bildet. An diesen Schicksalen legt Vargas Llosa die gleichsam durch ein perverses politisches System in allen ihren Schichten, in jedem einzelnen, geprägte Gesellschaft bloß.
Der historische Diktator Manuel Odría, von 1948 bis 1956 peruanischer Präsident, wie andere vor ihm vom Großbürgertum an die Macht gebracht und von den USA gestützt, solange über das Wie der im Land aufrechterhaltenen ›Ruhe und Ordnung‹ nichts nach außen verlautete, bleibt im Roman unsichtbar. Politische Hauptfigur ist seine Kreatur, der Sicherheitsdirektor Don Cayo, der für den Erfolg verantwortlich ist: die gefälschten Wahlergebnisse, die jubelnden Volksmassen bei offiziellen Kundgebungen, die gekaufte Presse und das schaurige Geschäft der Repression.

 

Juan Gabriel Vásquez – Die Informanten (Kolumbien, 2004)

Ein junger kolumbianischer Journalist überreicht seinem Vater, einem berühmten Rhetorikprofessor, sein erstes Buch. Eine Chronik der deutsch-jüdischen Familie Guterman, die von den 30er Jahren in Kolumbien bis in die Gegenwart führt. Als der Vater in einer der größten Zeitungen des Landes das Buch mit einem Verriss zunichtemacht, ahnt Gabriel Santoro, dass er einem dunklen Geheimnis auf die Spur gekommen ist. Juan Gabriel Vásquez‘ großes Thema ist die Erinnerung. In einem raffinierten Vexierspiel erzählt er von der Rückkehr eines persönlichen wie politischen Albtraums.

 

Guillermo Martínez – Roderers Eröffnung (Argentinien, 1992)

Abend für Abend sitzen Roderer und sein Freund im Club Olimpo, um Schach zu spielen. Sie sind jung, hochbegabt und verlieren sich in Gedankenspielen, in denen das wirkliche Leben keinen Platz mehr hat. Während das Genie Roderer langsam den Bezug zur Realtät verliert, stellt sich sein Freund zunehmend den Anforderungen des Lebens. Bald opfert Roderer alles: seine Freunde, die Famlie, sogar Cristina, die ihn abgöttisch liebt und schließlich sich selbst. Und alles nur, um der absoluten Wahrheit des Seins auf die Spur zu kommen. Guillermo Martínez‘ Prosa ist scharf wie ein Kristall, mit ›Roderers Eröffnung‹ hat er einen fesselnden Roman über Genie und Wahnisnn geschrieben.

 

Gabriel García Márquez – Von der Liebe und anderen Dämonen (Kolumbien, 1994)

Sierva María, die zwölfjährige Tochter des Marqués de Casalduero, wird von einem tollwütigen Hund gebissen. Obwohl sie keinerlei Symptome der grauenhaften Krankheit aufweist, unterwirft ihr Vater sie den Prozeduren der im ausgehenden 18. Jahrhundert üblichen Heil- und Hexenkünste. Der Bischof veranlaßt sogar eine Teufelsaustreibung. Doch Pater Cayetano Delaure, ihr Exorzist, verliebt sich in das schöne Mädchen. Und ihre Leidenschaft wird beiden zum Verhängnis …

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