Hans Joachim Schädlich – „Sire ich eile…“ Voltaire bei Friedrich II.

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© Rowohlt Verlag

Voltaire am Hof des preußischen Königs

Nach dem Tod seiner geliebten Émilie du Châtelet gibt Voltaire dem Drängen des preußischen Königs Friedrich II. nach und begibt sich im Jahr 1750 an dessen Hof. Anders als die verstorbene Émilie glaubt Voltaire der Vorstellung, dass der König ein „Philosoph auf dem Thron“ sei. Die Beiden stehen bereits seit 1736 in Kontakt und Friedrich erhofft sich von Voltaires Aufenthalt eine Vergrößerung seines Ruhms, sowie eine Korrektur seiner selbst verfassten Schriften. Doch schon schnell wird klar, dass die Vorstellungen der beiden Männer unvereinbar sind.

Die Novelle „Sire, ich eile…“ Voltaire bei Friedrich II. von Hans Joachim Schädlich zeichnet kein positives Bild des großen preußischen Königs Friedrich II., welcher auch als der Große oder der Alte Fritz in die Geschichte einging. Deutlich zeigt der Autor die Doppelmoral des Monarchen auf, der sich der Aufklärung verpflichtet fühlt. Gleichzeitig beginnt er einen Angriffskrieg gegen Österreich unter hohen Verlusten. Doch die Novelle beschreibt nicht nur das Verhältnis der beiden großen Männer, Monarch auf der einen und aufklärerischer Philosoph auf der anderen Seite. Gerade im ersten Teil des Buches steht vielmehr Voltaires Beziehung zu Émilie du Châtelet im Vordergrund. Émilie und Voltaire lernen sich 1733 in Paris kennen und sie beschützt ihn auf dem Landgut ihrer Familie nach der Veröffentlichung der Lettres philosophiques. Sie erscheint als kluge und belesene Frau, mit der Voltaire glückliche Jahre gemeinsam verbringt. Gemeinsam erarbeiteten sie Élements de la philosophie de Newton und Émilie übersetzte verschiedene Werke wie etwa Mandevilles The fable oft the bees sowie die Aeneis von Vergil. Etwa zur gleichen Zeit beginnt der Briefkontakt zwischen Friedrich und Voltaire, in denen sie sich unter anderem über Machiavelli austauchen, der Friedrich zu seiner anonym veröffentlichten Schrift Antimachivelli inspiriert. Von Beginn an warnt Émilie Voltaire vor dem preußischen Thronfolger und so erfolgt das erste persönliche Treffen von Voltaire und Friedrich gegen ihren ausdrücklichen Wunsch.

Doch erst als Voltaire sich 1750 für längere Zeit am Hof des Fürsten aufhält, wird deutlich, dass Absolutismus und intellektuelle Freiheit nicht zu vereinbaren sind. Um die Beziehung der ungleichen Männer darzustellen, greift der Autor auf viele Zitate aus der erhaltenen Korrespondenz zwischen ihnen zurück. Gut gefallen hat mir, dass der Autor keinen der beiden Protagonisten glorifiziert und neben der Kritik an Friedrich, die an vielen Stellen durchkommt, auch nicht davor zurückschreckt, den Philosophen Voltaire als materiell orientiert darzustellen, der auch dazu bereit ist, den preußischen König für Frankreich auszuspionieren. Die Entfremdung zwischen ihnen nimmt den zweiten Teil der Novelle ein.

Neben den vielen Briefzitaten ist ein wesentliches Stilmittel des Autors eine Reduktion auf das Wesentliche. Die Novelle konzentriert sich vor allem auf das Faktische.

Voltaire reiste mit dem preußischen Gesandten in Den Haag, Otto Graf von Podwelis, nach Berlin ab.
Sie kamen am 30. August 1743 an.
Fridrich traf drei Tage später aus Potsdam ein.
Voltaires Zimmer im Schloß lagen in der Nähe der königlichen Gemächer.
Friedrich ließ im Schloßtheater zu ehren Voltaires eine Oper aufführen. Voltaire erhielt das Recht, in Friedrich Loge zu sitzen.
Voltaire nahm es sich heraus, Friedrich einen Fragebogen vorzulegen, der neun politische Fragen enthielt.
Friedrich beantwortete die Fragen ironisch, und Voltaire war am Ende nicht klüger als vorher.

So sehr mir es gefällt, dass der Autor viele Zitate aus den Briefen einbaut und die Handlung so authentisch wird, ist mir der grundsätzliche Stil zu nüchtern. Manchmal hatte ich das Gefühl, der Autor reiht eher biographische Fakten aneinander und beschränkt sich auf die äußeren Ereignisse. Eine Innenansicht der Protagonisten wird dagegen nur sehr selten geliefert, was die Lektüre etwas emotionslos werden ließ. So sind die vom Autor dargestellten Informationen interessant, das Schicksal der Protagonisten ging aber mir aber zu keinem Zeitpunkt nahe.

Spannendes Thema, aber sprachlich (zu) reduziert

Grundsätzlich hat mir das Buch gut gefallen, die Freundschaft der ungleichen Männer und die Frage nach der Vereinbarkeit von Aufklärung und intellektueller Freiheit gegenüber dem Absolutismus waren spannende Themen. Ebenso gut finde ich, dass der Autor viele Zitate aus der Korrespondenz einbaut. Auf Dauer war mir aber reduzierte, faktisch orientierte Sprachstil langweilig beim Lesen. Kaum Innenansichten und nur wenige Dialoge und Beschreibungen machten die Lektüre leider etwas spannungsarm.

3,5sterne

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