Dolly Alderton’s Debüt Alles, was ich weiß über die Liebe ist ein Memoir über das Erwachsenwerden, eine Ode an die Freundschaft und ein Appell an die Selbstliebe. 2018 wurde es mit dem britischen National Book Award ausgezeichnet.
„Ein Memoir mit Ende Zwanzig? Was kann diese unwichtige junge Frau denn schon groß zu erzählen haben?“ werden sich viele denken, die über Alles, was ich weiß über die Liebe stolpern. Denn das ist dieses Buch, kein Roman, sondern das wahre Leben Dolly Aldertons, einer Journalistin, Podcasterin, Regisseurin und Drehbuchautorin, die von ihrem Kampf des Erwachsenwerdens berichtet, von Essstörungen, gescheiterten Beziehungen, grausamen Dates, Depressionen und Angstzuständen, aber auch von Freundschaft, die alle Hindernisse überwindet und von dem schwierigen Akt der Selbstliebe.
Dass das alles nicht für jeden Leser interessant ist und auch nicht unbedingt männliches und weibliches Publikum gleichermaßen anspricht, sollte klar sein. Ich bin zwei Jahre jünger als Alderton, bin unter ähnlichen Umständen aufgewachsen, nur eben in Deutschland, nicht in England. Ich kenne ihre Probleme, ihre Ängste, ihre Wünsche, ich kann mich nicht nur in sie hineinversetzen, sondern fühle einen Teil meines Lebens, meiner selbst in diesem Buch widergespiegelt.
Er konnte nicht ahnen, dass „bloß Haare“ ungefähr alles war, wofür ich in meinen Augen gut war. Bloß Haare, bloß Schlüsselbeine, bloß Sit-ups. „Bloß“ war alles, wofür ich den Großteil des Jahres meine Energie aufgewendet hatte, und alles, von dem ich glaubte, es wert zu sein.
Alderton schreibt unaufgeregt und pointiert über ihre Jugend und ihr Leben als junge Erwachsene. Vor allem Beziehungen stehen hier im Fokus, sowohl Partnerschaften als auch Freundschaften und die Beziehung zu sich selbst. Alle drei Arten bereiten ihr Schwierigkeiten, sie hat Angst vor der Nähe und Ernsthaftigkeit einer richtigen Beziehung, sie fühlt sich von Freundinnen vernachlässigt, die mit ihren Partnern zusammenziehen, und dieses Ding mit der Selbstliebe und dem Respekt für sich selbst will sowieso überhaupt nicht klappen. Alderton ist schonungslos ehrlich, sie schüttet ihr Herz aus, entblößt ihre Seele, wenn sie von ihren eigenen Fehlern, Schwächen und Therapiesitzungen schreibt. Es ist mutig, in der Öffentlichkeit zu stehen und zu sagen „Das habe ich falsch gemacht. Und davor habe ich am meisten Angst.“, gerade, wenn es sich nicht um eine fiktive Geschichte handelt.
Doch das waren alles gute Geschichten, und darum ging’s. In meinen frühen Zwanzigern war das mein ganzer Lebensinhalt, die raison d’être. Ich war ein über eins achtzig großer menschlicher Detektor für Fragmente potenzieller Anekdoten, der, die Nase im Gras, auf dem Boden meiner Existenz herumkroch in der Hoffnung, auf etwas zu stoßen, wonach es sich zu graben lohnte.
Gekonnt jongliert sie zwischen witzigen Anekdoten und emotionalen Phasen ihres Lebens. Beides beherrscht sie gleichermaßen gut, ohne jemals zu pathetisch oder zu gewollt lustig zu werden. Ihre Bissigkeit sitzt, ihre Zukunftsängste sind real, man spürt sie beim Lesen, diese Panik vor Veränderungen, vor dem Unbekannten, vor dem Alleinsein. Und man fühlt mit ihr, als die kleine Schwester ihrer besten Freundin Farly an Leukämie erkrankt, als alle um sie herum in einen Abgrund stürzen, als sich eine Leere ausbreitet, die endlos und nicht zu besiegen scheint.
„Reiß mit deinem Zorn Herzen auf und zerstöre Egos mit deiner Bescheidenheit. Sei die Person, von der du wünscht, dass du sie sein könntest, nicht diejenige, von der du glaubst, dass du dazu verdammt bist, sie zu sein.“
Zusätzlich zu Dollys Erlebnissen und Beobachtungen finden sich im Buch mehrere witzige und zugleich berührende Listen: „Alles, was ich als Teenager über die Liebe wusste“, „Dinge vor denen ich Angst habe“, „Die schlimmsten Dinge, die Menschen so sagen“, „Gründe für und Gründe gegen einen Freund“, „Achtundzwanzig Lektionen, gelernt in achtundzwanzig Jahren“ oder „Alles, was ich mit achtundzwanzig über die Liebe weiß“, sowie Rezepte, die sie mit bestimmten Situationen oder Phasen ihres Lebens verbindet und unglaublich amüsante und enorm überspitzte fiktive E-Mails an sie selbst, wie zum Beispiel Einladungen für einen Jungesellinnenabschied, eine Hochzeit und eine Babyparty, die aktuelle gesellschaftliche Standards wunderbar ins Lächerliche ziehen.
Ich bin genug. Mein Herz ist genug. Ich zische und schäume und summe und explodiere. Ich sprudele über und verglühe.
Dolly Aldertons Autobiografie Alles, was ich weiß über die Liebe erzählt stellenweise pointiert, aber auch durchaus ernsthaft und emotional über das Erwachsenwerden und die zahlreichen damit verbundenen Probleme. Es ist kein herausragendes Leben, das sie führt, weshalb manche Leser es vielleicht belanglos finden werden, aber gerade diese Authentizität der jungen Durchschnittsfrau erlaubt es, sich mit ihr zu identifizieren, sich in ihr als Mensch und in diesem Buch wiederzufinden. Wenn das passiert, wenn es klickt, hat man nicht nur ein wundervolles Lesevergnügen, sondern auch ein Buch, von dem man sich verstanden fühlt und das einem eventuell ein Stück der Angst nehmen kann, die man angesichts des überwältigenden Lebens spürt.
[…] Eine weitere Besprechung gibt es bei letusreadsomebooks. […]
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[…] Dolly Alderton, eine dreißigjährige britische Journalistin, Podcasterin, Drehbuchautorin und Regisseurin berichtet in bester Lena Dunham: Not that kind of girl– und Girls-Manier aus ihrem Leben, ihren täglichen Kämpfen mit dem Erwachsenwerden, von Freundschaften und der Liebe. Pointiert und dennoch einfühlsam erzählt sie von schrecklichen Dates, heilsamen Therapiestunden und wundervollen Freundinnen, vom Tod und vom Leben, von witzigen Anekdoten und tief emotionalen Phasen. Ein Buch, das mir das Gefühl von Zuhause vermittelt hat, in dem ich mich selbst widergespiegelt sah und das vor allem für junge Frauen ein Mut machender Begleiter und Freund sein kann. Eine Rezension der Autobiografie findet ihr hier. […]
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