Harry Potter meets Alice im Wunderland und die Chroniken von Narnia? Was wie ein billiger Abklatsch klingt, ist zum Glück dann doch viel mehr. Lev Grossmans The Magicians ist eine düstere und sehr eigene Mischung aus Fantasy und Coming-of-Age Roman.
Der Jugendliche Quentin Coldwater langweilt sich in seinem Leben, die Highschool hat er fast abgeschlossen und nur die Bücher über die magische Welt von Fillory können ihn wirklich begeistern. Doch plötzlich findet er sich selbst in einer magischen Welt wieder und erhält die Möglichkeit, an der Zauberschule Brakebill die Zauberkunst zu erlenen. Hier scheinen sich alle Träume, Wünsche und Hoffnungen von Quentin zu erfüllen. Doch auch in Brakebill findet er nicht wirklich sein Glück und so wird seine Welt immer dunkler.
Was auf den ersten Blick wie eine einfache Kopie von bekannten Jugendbüchern und Klassikern der Fantasy-Literatur wirkt, entpuppt sich schnell als eine düstere und doch andere Version des Altbekannten. Natürlich liegen vor allem die Vergleiche zu Harry Potter, den Chroniken von Narnia und Alice im Wunderland nahe, sie werden sogar ausdrücklich und namentlich im Buch selbst erwähnt. So ist The Magicians voller Verweise und Zitate aus diesen Klassikern und dennoch ein absolut eigenständiger Roman, der ähnliche Konzepte verwendet, daraus aber etwas anderes macht. Etwas, das die Leser sicherlich spaltet.
Jesus, what the hell was he thinking? Of course he was going to sign. This was everything he’d always wanted, the break he’d given up on years ago. It was right in front of him. He was finally on the other side, down the rabbit hole, through the looking glass. He was going to sign the papers and he was going to be a motherfucking magician. Or what the hell else was he going to do with his life?
Wer hier romantische Kaminatmosphäre und eine typische Feel-Good-Geschichte erwartet, ist absolut auf dem Holzweg. Die Charaktere sind fast alle absolut unsympathisch, größtenteils sogar ziemliche Arschlöcher und auch die Zauberschule entwickelt sich völlig anders als erwartet. Die Ausbildung besteht vor allem aus stupidem Auswendiglernen von bestimmten Handbewegungen, unterschiedlichen Bedingungen bei der Ausführung eines Zaubers und ist gänzlich anders als Quentin sich vorgestellt hat. Die Figuren sind alle eher jugendlich, zu Beginn um die 17 Jahre alt. Alle gehören in der realen Welt an ihren Schulen zu den Klassenbesten. Und alle sind charakterlich mindestens als schwierig zu bezeichnen. Sie trinken viel zu viel, träumen davon, mit ihrer Zauberlehrerin zu schlafen, leiden an Depressionen und haben noch einige weitere Probleme. Die Geschichte entwickelt sich um Quentin, dessen größtes Problem darin besteht, dass er an keinem Ort glücklich werden kann und keinen Sinn für sein Leben findet. Am Anfang ist er voller Euphorie, in Brakebill studieren zu können, verfällt hier aber auch wieder in die alte Gewohnheit, was nur dazu führt, dass er sich wieder auf der Suche nach einem neuen Lebensmittelpunkt macht . Einzig die magische Welt von Fillory scheint ihn wirklich zu interessieren. Und so kann er sein Glück kaum fassen, als die Bücherfiktion zum Greifen nahe ist. Oder wird der Traum zum Albtraum?
„You don’t just go on fun adventures for good causes and have happy endings. You’re not going to be a character in a story; there’s nobody arranging everything for you. The real world just doesn’t work like that”
Lev Grossman schafft es ziemlich gut Fantasy mit einer Geschichte über das Erwachsenwerden zu verbinden. Die Welt von Quentin und seinen Freunden, die dem Leser immer wieder ziemlich auf die Nerven gehen können, ist alles andere als schwarz-weiß. Quentins Leben scheint keinem richtigen Ziel zu folgen, es gibt keinen Bösen, der besiegt werden muss, und der mächtigste Magier will er auch nicht werden. Mir hat diese wilde Mischung ziemlich gut gefallen. Auch wenn Quentin und seine Freunde mit ihrem Verhalten alles andere als freundlich und nett sind, bin ich ihnen gerne durch ihre Jugendjahre gefolgt, habe an ihren (zahlreichen) Problemen teilgehabt und habe sie während ihrer Ausbildung zu Magiern begleitet. The Magicians ist bei genauer Betrachtung durchaus komplexe und anspruchsvolle Fantasy, die sich jenseits von klaren Zuordnungen bewegt. Vieles, was wie nebenbei erwähnt wird, erhält erst späte eine tiefere Bedeutung. Quentin bewegt sich in einer realistisch geschilderten Welt, in der er vor allem Enttäuschungen erlebt, die ihn prägen. Dabei macht er bereits im ersten Band der Trilogie durchaus Entwicklungen durch, oft aufgrund bitterer Erfahrungen. The Magicians geht nicht gerade zimperlich mit seinen Figuren und dem Leser um. Alle haben tiefgreifende Probleme mit sich selbst und ihrem Leben, aber finden keine Lösung. Niemand ist hier ein Held. Der Grundton ist vor allem düster und eher melancholisch. Glück und ein erfülltes Leben scheint hier keiner zu finden.
Der Stil ist den Jungen Protagonisten entsprechend angepasst. Es wird häufig eher derbe dahergeredet oder geflucht. Gleichzeitig gelingen Lev Grossman aber auch stimmungsvolle Beschreibungen der magischen Welt von Fillory. Leider ziehen sich gerade zur Mitte der Geschichte manche Beschreibungen der Zauberübungen, wodurch die eigentliche Geschichte nicht wirklich in die Gänge kommt.
He had an iron demon in his back. Who would ever have thought he could do and have all those things and still feel nothing at all? What was he missing? Or was it him? If he wasn’t happy even here, even now, did the flaw lie in him? As soon as he seized happiness it dispersed and reappeared somewhere else. Like Fillory, like everything else, it never lasted. What a terrible thing to know. I got my hearth’s desire, he thought, and there my troubles began.
The Magicians von Lev Grossman ist ein sehr eigenwilliger Roman, der vermutlich nicht jedem gefallen wird. Die Vermischung von bekannten Geschichten und jungen Protagonisten, die mit sich und ihrer Welt kämpfen, hat mir gut gefallen. Hier strebt keiner danach, der mächtigste Magier zu werden und das Böse zu besiegen. Dafür haben die Figuren massive psychische Probleme und kriegen ihren Drogenkonsum nicht in den Griff. Ich bin schon sehr gespannt, wie es mit Quentin in den Folgebänden (welche bereits erschienen sind) weitergeht, die Verknüpfung von düsterer Fantasy und Coming-of-Age Thematik hat mir gut gefallen.
Basierend auf den Romanen ist bereits eine Serie entstanden.