Hilary Mantel – Wölfe

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England unter Heinrich VIII.

In ihrem Roman Wölfe erzählt Hilary Mantel vom Aufstieg Thomas Cromwells unter dem englischen König Heinrich VIII. Heinrich ist in Sorge ohne einen männlichen Erben zu sterben, weshalb er versucht seine Ehe durch den Papst annullieren zu lassen und Anne Boleyn zur neuen Königin zu machen. Doch nicht nur der Papst, auch die anderen Herrscher Europas stellen sich gegen Heinrich. Unterstützt wird Heinrich von Thomas Cromwell, einem Mann von einfacher Herkunft, dem trotz einiger Rückschläge ein schneller Aufstieg am Hof gelingt und der zum mächtigsten Mann Englands neben dem König wird. Seine Methoden zur Durchsetzung seiner politischen Ziele beruhen dabei vor allem auf Bestechung und Einschüchterung. Einer seiner Feinde im Kampf um die Annullierung der Ehe des Königs wird Thomas Moore.

Hilary Mantel gelingt ein sehr gut gelungenes Porträt von Thomas Cromwell, der als Intrigant und Machtmensch dargestellt wird. Trotzdem entsteht ein vielschichtiges Bild des Hauptcharakters, der mir trotz all seiner negativen Eigenschaften und seines fragwürdigen Vorgehens durchaus auch sympathisch war. Die Autorin selbst geht nicht wertend vor, weshalb sich jeder Leser selbst eine Meinung bilden kann, die in vielen Fällen vermutlich sehr unterschiedlich ausfallen wird.

Der Erzählstil, den Mantel benutzt, ist sicherlich nicht einfach, hat mir aber sehr gut gefallen. Geschrieben ist der Roman im Präsens, immer wieder werden Sätze abgebrochen oder nur die sprunghaften Gedanken Oliver Cromwells dargestellt, wodurch für mich eine Direktheit entstand, die sehr gut zum Erzählten gepasst hat. Als Beispiel die ersten Sätze des Buches:

„Und jetzt steh auf.“ Niedergestreckt, benommen, stumm; er ist gefallen, der Länge nach hingeschlagen auf die Kopfsteine des Hofes. Sein Kopf wendet sich zur Seite; seine Augen richten sich auf das Tor, als könnte jemand kommen, um ihm zu helfen. Ein einziger guter Schlag könnte ihn jetzt töten.

Die Geschichte wird ausschließlich aus der Sicht von Thomas Cromwell geschildert, allerdings geht die Autorin dabei nicht chronologisch vor, was zu Beginn teilweise verwirrend sein kann. Im Gegensatz zu vielen anderen historischen Romanen wird auch auf die ausführliche Beschreibung der äußeren Umstände, wie der Kleidung von Personen, verzichtet. Stattdessen konzentriert sich Mantel auf die Charakterbeschreibung. Ebenfalls positiv für mich war, dass das Geschehen vor allem durch Dialoge dargestellt wird.

Ein etwas anderer historischer Roman mit literarischem Anspruch

Wölfe gehört für mich zu den besten historischen Romanen, die ich bisher gelesen habe. Trotzdem sollten alle Interessierten vorgewarnt sein: Hilary Mantel hat eine völlig eigene Art des Erzählens und ihr Stil ist mit Sicherheit nicht jedermanns Sache. Daher kann es nicht schaden, sich für dieses Buch etwas mehr Zeit zum Reinschnuppern zu nehmen und so eine Enttäuschung zu vermeiden.

5sterne

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