In neun wundervoll bizarren Erzählungen lässt die literarische Newcomerin Julia Armfield in Salt Slow magischen Realismus und Horror miteinander verschmelzen.
Neun Kurzgeschichten, neun Protagonistinnen: Julia Armfield beleuchtet alltägliche und nachempfindbare Themen wie Veränderung, Liebe, Tod, Zweifel, Erwachsenwerden und Trauer in völlig ungewohnten Szenarien. Eine Frau verbarrikadiert sich während des Scheidungsprozesses im Strandhaus ihres Noch-Ehemannes, ein Mädchen lebt fortan mit ihrer Stiefschwester, dem Wolf, zusammen, ein Paar bringt auf einem Boot in einer postapokalyptischen Welt ihr Kind zur Welt, eine Girlband tourt durch Großbritannien und scheint ihre ausschließlich weiblichen Fans durch ihre Musik zu manipulieren, die vor wenigen Wochen verstorbene Partnerin klopft plötzlich an die Wohnungstür – schlammbeschmiert, die Knochen durch die Haut scheinend und immer noch verdammt tot.
When I was twenty-seven, my Sleep stepped out of me like a passenger from a train carriage, looked around my room for several seconds, then sat down in the chair beside my bed. This was before they became so usual, the shadow-forms of Sleep in halls and kitchens, before the mass displacement left so many people wakeful at uncertain hours of the night.
Eine der Stories, in der sich der Schlaf vom Menschen trennt und nachts durch die Wohnungen geistert, hat mich enorm an Haruki Murakamis Roman Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt erinnert, indem der Protagonist von seinem Schatten getrennt wird. Doch auch wenn man in Armfields Werk magisch-realistische Einflüsse genauso wie die der Gothic Fiction spüren kann, sind ihre Ideen immer originell. Erstaunlicherweise sind in manchen der Geschichten die Ausgangssituationen überraschender als die Enden, und doch funktionieren und beeindrucken sie genauso wie diejenigen mit unerwartetem Schluss. Es hat mir eine wahnsinnige Freude bereitet, eine neue Geschichte zu beginnen, weil ich nie wusste, welches merkwürdig-verrückte Szenario mich als nächstes erwarten würde.
The stories are stranger here, or perhaps they are now simply far enough away from where they started to accept more outlandish versions of things they have heard before. A group of girls are said to have left the show in Hull and chased a forty-year-old man up a pylon. A girl in Nottingham is rumored to have left the gig after the encore and returned to her mother’s house five hours later, holding something resembling a heart in her sticky fist.
Armfield hat so viele bizarre Einfälle und setzt diese exzellent um. Auch wenn die Geschichten düster und merkwürdig sind (jedoch nicht immer ohne Augenzwinkern), habe ich mich bei allen neuen Szenarien und Wendungen gefreut, weil mein Bedürfnis nach neuen, frischen literarischen Ideen gestillt wurde. Die Kreativität der Autorin gepaart mit der einnehmenden, teils hypnotischen Sprache der Stories sowie der durchgehend unheimlichen Atmosphäre haben die Lektüre zu einem regelrechten Ereignis gemacht. Es gab nur eine einzige Erzählung, die mich nicht so überzeugt hat wie die anderen, was aber nicht heißt, dass sie schlecht ist. Interessanterweise ist es die einzige in diesem Band ohne surreale Elemente – hier zeigt sich dann wohl eindeutig meine persönliche Präferenz.
The night my girlfriend knocked, my face in the glass was like newsprint, inky around the eyes and under the collar. She stood there on the doorstep in the clothes in which she’d been buried, chucked me under the chin the way she used to do and told me I looked like I hadn’t been sleeping.
Mit Julia Armfield habe ich ein völlig neues literarisches Talent im Bereich der Short Stories entdeckt. Salt Slow ist einer der besten Kurzgeschichtenbände, die ich in den letzten Jahren gelesen habe: sprachlich und atmosphärisch dicht, voller Symbolik und düster-verrückter Ideen. Ich bin schon sehr darauf gespannt, was als nächstes von ihr erscheinen wird und hoffe, dass ihre großartigen Erzählungen irgendwann auch ins Deutsche übersetzt werden.
[…] Neun Kurzgeschichten versammelt die literarische Newcomerin Armfield in ihrem Debüt Salt Slow, von dem leider noch keine deutsche Übersetzung angekündigt wurde. Die Stories sind fast alle magisch-realistisch bis surrealistisch, zwischen dunklem Humor, Gothic Fiction und Horror. Ihr Einfallsreichtum was die Themen bzw. Szenarien betrifft, ist wirklich bemerkenswert: Armfield schreibt über eine schlaflose Stadt, eine postapokalyptisch überflutete Welt, einen Wolf als Stiefschwester, Fans einer Girlgroup, die außer Kontrolle geraten und eine von den Toten auferstandene Freundin. Lediglich eine einzige Geschichte hat mich nicht ganz so beeindruckt wie der Rest, ansonsten war ich begeistert wie schon lange nicht von Kurzgeschichten. Mehr könnt ihr hier erfahren. […]
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