Monatsrückblick: gelesen im Januar

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Der Januar ging unheimlich schnell vorüber – dafür haben wir in diesem Monat aber gar nicht so wenige Bücher gelesen. Waren drei von ihnen eher durchschnittlich, konnten andere uns umso mehr begeistern.

Wolfgang Herrndorf – Arbeit und Struktur

Im Februar 2010 erfährt der Autor Wolfgang Herrndorf, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt. Die Diagnose lautet: Glioblastom, Gehirntumor. Für seine Freunde schrieb er den Blog Arbeit und Struktur, der nur wenige Monate später für alle zugänglich war. Hier hält er die letzte Zeit seines Lebens fest, die schwere Krankheit auf der einen, der große Erfolg auf der anderen Seite. Das Buch ist beklemmend und intensiv. Jeder Leser wird automatisch mit der Frage konfrontiert, wie er mit solch einer Situation umgehen würde. Mit großer Klarheit schreibt Herrndorf von den letzten Dingen, aber ebenso vom Leben. Unbedingt lesenswert.

Fuminori Nakamura – Der Revolver

Nachdem mich Die Maske total vom Hocker gerissen hat und Der Dieb daraufhin etwas enttäuscht zurück ließ, konnte Nakamuras neuster Roman nun wieder an das hohe Niveau anknüpfen. Die relativ kurze, hypnotische Geschichte über einen unscheinbaren Studenten, der einen Revolver findet und dessen Macht immer mehr verfällt, begeisterte mich mit dem inneren Kampf des Protagonisten sowie dem Sog, der mit jeder Seite intensiver wird und in einem grandiosen Finale seinen Höhepunkt findet. Ausführlicheres erfahrt ihr hier.

Michel Houellebecq – Die Möglichkeit einer Insel

Nach einer Klimakatastrophe haben nur archaisch lebende Menschen und der Neo-Mensch überlebt. Daniel24 blickt auf das Leben von Daniel1, einem Mann der Gegenwart, zurück, als Komiker einen zynischen Blick auf die Gesellschaft warf, in der es kaum noch Tabus gab. In diesem Roman gelingt dem Autor allerdings keine so gelungene Gesellschaftskritik wie in Elementarteilchen. Die Themen sind ähnlich und die Provokationen nicht mehr neu. Die Möglichkeit einer Insel erscheint zwar düsterer und auswegloser als seine Vorgänger, erreicht aber nicht deren Niveau.

George Saunders – Fuchs 8

Fuks 8 hat Mänschisch gelernt – und deshalb ist er vermutlich die beste Chance auf Rettung für seine Gruppe, deren Wohnraum für eine Shopping-Mall geplättet wird, sodass die Füchse kaum noch Nahrung finden können und immer schwächer werden. Saunders‘ umwerfend liebenswürdiger Protagonist erzählt auf knappen 50 Seiten von seinem großen, nicht immer fröhlichen Abenteuer auf der Suche nach Futter und und einem neuen Lebensraum, herrlich amüsant mit füchsischer Rechtschreibung. Ein Buch fürs Herz. Hier erhaltet ihr weitere Einblicke in das originelle Kleinod.

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Tomas Espedal – Das Jahr

Das neue Werk von Espedal ist eher ein langes episches Gedicht, in dem sich der Autor mit seinen gewohnten Themen Liebe, Tod und Altern auseinandersetzt. Zu Beginn noch auf den Spuren Petrarcas und dessen Liebeskummer, begegnet der Ich-Erzähler seinem Vater und reflektiert dessen Älterwerden. Verglichen mit seinen anderen Werken, insbesondere Wider die Kunst, ist es eine leichte Enttäuschung, wenn auch auf sehr hohem Niveau. Als Leser seiner anderen Bücher fehlt mir hier das neue, gerade der Liebeskummer erscheint nun hinlänglich bekannt.

Ocean Vuong – Auf Erden sind wir kurz grandios

Vuongs amerikanisch-vietnamesischer Ich-Erzähler Little Dog wächst in der Vorstadt auf, bei einer Mutter, die kaum Englisch kann und einer vom Krieg traumatisierten Großmutter. Er wird schikaniert und verprügelt, weil er selbst der englischen Sprache so unsicher ist, weil er still und anders ist, er versucht, als vietnamesischstämmiger Homosexueller seinen Platz zu finden und nicht daran zu zerbrechen, dass er seine Freunde nach und nach an die Drogen verliert. Mit zart-poetischer Prosa und wahnsinnig originellen und starken Sprachbildern schreibt Vuong hier über Herkunft, Identität, Gewalt und Liebe. Ein vielversprechendes Debüt, das Lust auf mehr macht!

Paul Auster – Bericht aus dem Inneren

Paul Auster schreibt hier über seine frühe Kindheit, seine Schuljahre, seine Studienzeit und wie er allmählich zum Schriftsteller wird. Gewöhnungsbedürftig ist gerade zu Beginn die gewählte Form des „Du“, mit der sich der Autor selber anspricht. Während die Erinnerungen an einfache Schulaufsätze nicht unbedingt zu den spannendsten Passagen zählen, sind andere Abschnitte wie das Bewusstwerden des Jüdischseins und die rastlose Studienzeit in Paris umso intensiver. So schwankt die Schriftsteller-Autobiografie zwischen alltäglichen Beobachtungen und interessanten Erinnerungen, die einen Blick auf das Leben des Autors erlauben.

Stephen King – Das Leben und das Schreiben

Stephen King, einer der erfolgreichsten Schriftsteller der Welt, berichtet in diesem Buch aus seinem Leben, von der Kindheit und Jugend und die ersten zarten Schreibversuche über seine großen Erfolge und seinen beinahe tödlichen Unfall im Jahr 1999. Er gibt wertvolle Ratschläge und Tipps was das Schreiben betrifft und füttert diese mit anschaulichen Beispielen (sogar einer kompletten überarbeiteten Szene!). Ein tolles Buch, um den Menschen hinter dieser Erfolgsstory kennenzulernen, aber auch, um Inspiration und Hilfe für das eigene Schaffen zu finden.

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