Ferdinand von Schirachs zuletzt erschienenes Buch Kaffee und Zigaretten ist eine Sammlung von Texten, die sich mit Kunst, Einsamkeit, Recht, Moral und anderen Themen beschäftigen.
Von Schirach reiht autobiografische Schnipsel an Notizen, Beobachtungen und essayistisch gehaltene Textfragmente. Depressionen und ein Suizidversuch in der Jugend, besondere Mandaten und juristische Fälle, die ihn nachhaltig beschäftigen: seine Texte wirken zunächst so unterschiedlich, dass sich kein Zusammenhang erkennen lässt. Doch je weiter man mit der Lektüre fortschreitet, desto klarer ergibt sich ein großes Ganzes: wir erhalten einen Einblick in das Leben des Juristen, Dramatikers und Schriftstellers, in seine Denkweise, seine Ethik, seine Vergangenheit.
Die Würde des Menschen ist die strahlende Idee der Aufklärung, sie kann den Hass und die Dummheit lösen, sie ist lebensfreundlich, weil sie von unserer Endlichkeit weiß, und erst durch sie werden wir in einem tiefen und wahren Sinn zu Menschen. Die Würde ist aber kein Teil des Menschen wie ein Arm oder ein Bein. Sie ist nur eine Idee, sie ist zerbrechlich, und wir müssen sie schützen.
Sein Stil ist immer sachlich-deskriptiv und reduziert und trotzdem steckt eine unglaubliche Kraft in seinen Sätzen, teilweise, wie in dem ersten Kapitel, das aus seiner Jugend berichtet, auch eine tief berührende Melancholie.
Wir leben nur einen Wimpernschlag, dann versinken wir wieder, und in dieser kurzen Zeitspanne können wir noch nicht einmal das scheinbar Einfachste: die Wirklichkeit erkennen.
Die persönlichen Texte von Schirachs gefallen mir hier am besten. Sie sind schnörkellos und verhältnismäßig kurz, dennoch bewegen sie etwas tief in mir drin. Nichtsdestotrotz sind auch die anderen der insgesamt 48 Kapitel interessant: sie kreieren ein historisches, gesellschaftliches und (pop)kulturelles Gedächtnis. Besonders die NS-Vergangenheit der Familie des Autors fasziniert – sie hat ihn geprägt und beeinflusst ihn auch heute noch immer täglich in seinem Denken und Handeln.
Nicht alle Kapitel sind gleichstark, dennoch bietet Ferdinand von Schirachs Kaffee und Zigaretten ein breites Spektrum an Erinnerungen und Überlegungen, die mal autobiografisch, mal philosophisch daherkommen, in jedem Fall aber zum Nachdenken anregen – über das, was wir auf diesen Seiten lesen und unsere eigenen Vorstellungen von Recht, Ethik, Vergangenheit, Glück, Menschlichkeit, Leben.
Glück ist eine Farbe und immer nur ein Moment.
Das hört sich doch gut an! Ich habe den Autor auch auf meinem SuB!
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[…] Stellen gewaltiger Sprache sinniert von Schirach über Moral, Recht, Menschlichkeit und das Leben. Ein wirklich gutes Buch, auch wenn mich nicht alle Kapitel gleichermaßen überzeugen […]
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