Eine Familiengeschichte, der die Originalität fehlt. Andrew Ridkers Die Altruisten droht, in der Masse an Neuerscheinungen unterzugehen.
Mit dem Tod von Francine Alter bricht die Familie auseinander. Die Kinder Maggie und Ethan können ihrem Vater Arthur nicht verzeihen, dass er eine Affäre mit einer jüngeren Frau begonnen hatte, während die Mutter im Sterben lag. Nach zwei Jahren des Schweigens nimmt Arthur wieder Kontakt zu beiden Kindern auf. Unter dem Vorwand einer Versöhnung lädt er sie in die Heimat ein. Doch eigentlich hat Arthur, der mittlerweile finanziell ruiniert ist, es auf das Erbe abgesehen.
Andrew Ridker erzählt in seinem Familienroman Die Altruisten von Generationenkonflikten und dem Kampf der Figuren, in der Welt ihren Platz zu finden. Die Handlung kreist wechselnd um die vier Familienmitglieder und verfolgt in der Vergangenheit und der Erzählgegenwart ihr Leben. Am stärksten treten die Unterschiede zwischen Maggie und ihrem Vater zutage, die sich gegenseitig provozieren und doch eigentlich viele Gemeinsamkeiten haben. Jedem Charakter wird genügend Platz eingeräumt, um die jeweilige Lebensgeschichte zu erzählen und so zu zeigen, was sie geprägt hat. Daneben nimmt das Wiedersehen von Vater und Kindern viel Raum ein.
Man verdiente nicht gut, ohne jemanden auszubeuten. Irgendwo in der Gesellschaft war jemand der Verlierer, und zwar ein großer Verlierer. Die Armen. Die Umwelt. Maggie wollte nichts damit zu tun haben. Deshalb musste sie gelegentlich stehlen oder umverteilen. Sie war bei verwirrenden Prinzipien angelangt – aber vielleicht waren sie nicht verwirrender oder verworrener als die eigentliche Ökonomie, aus der sie nicht schlau wurde.
Das größte Problem des Romans für mich ist, dass nichts Überraschendes passiert. Zwar mag alles gut konstruiert sein, aber dafür auch vorhersehbar. Gerade bei den Figuren fällt das auf. Der selbstgerechte Vater beginnt eine Affäre mit einer dreißig Jahre jüngeren Frau, hat früh den Draht zu seinen Kindern verloren. Der homosexuelle Ethan wirkt leicht depressiv und sucht nach seinem Platz im Leben und Maggie versucht immer anderen zu helfen und Gerechtigkeit zu schaffen. Das alles kommt einem irgendwie vertraut vor. Durch die Überzeichnung der Figuren gelingt gleichzeitig ein kritischer Blick auf die Gesellschaft im Ganzen. Dennoch fehlt mir etwas, das den Roman deutlich von anderen unterscheidet, so ist es „nur“ die x-te Geschichte einer amerikanischen Mittelschichtfamilie, die in der Fülle an Neuerscheinungen unterzugehen droht.
Was die Familie wohl am meisten ausmacht, ist der Wunsch, anderen zu helfen und fremde Bedürfnisse über die eigenen zu stellen. Dieses Verhalten führt sie allerdings gleichzeitig in eine Art sozialer Isolation, mit der alle drei unterschiedlich umgehen und dann doch wieder nur um sich selbst kreisen und in eine gewisse Selbstgerechtigkeit verfallen.
Was Ridker allerdings gut gelingt, ist, die feine Balance zwischen komischen und traurigen Szenen zu halten. Grundsätzlich liest sich Die Altruisten ansprechend. Ebenso schafft er es, den Stil zu variieren und so ein anschauliches Bild der Familie Alter aber auch der Gesellschaft zu zeichnen.
Unbewusst hatten sie eine Familienpose eingenommen: Dad vorne, die Kinder hinten. Nur der leere Beifahrersitz wies darauf hin, dass jemand fehlte.
Das größte Problem von Die Altruisten ist die fehlende Besonderheit. Alles kommt einem vertraut vor, so dass weder positive noch negative Erinnerungen nach dem Lesen geblieben sind. Leider bleibt es bei einer weiteren Geschichte einer amerikanischen Mittelschichtfamilie, die, obwohl mit leiser Ironie und Humor geschrieben, keinen anhaltenden Eindruck hinterlassen kann. Um es auf den Punkt zu bringen: Die Altruisten ist kein Roman, den man gelesen haben muss.
[…] wenig vorzuwerfen. Trotzdem ist Die Altruisten kein Roman, der aus der Masse heraussticht, wie ihr hier nachlesen […]
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