Bios, das neue Buch von Daniel Suarez, ist ein unterhaltsamer Thriller, der sich mit den Möglichkeiten und Gefahren von Gen-Edits in einer dystopischen Zukunft auseinandersetzt. Leider macht der Autor zu wenig daraus…
Im Jahr 2045 ist die biologische Moderne angebrochen. Die Städte werden von Algen gebaut und auch vor dem menschlichen Körper macht der Fortschritt nicht halt. Designer-Babys sind gefragt, ob legal oder nicht. Kenneth Durand ist bei Interpol einer der wichtigsten Agenten im Kampf gegen die Genkriminalität. Aufgrund seines Erfolgs macht er sich ein mächtiges Kartell zum Feind. Nach einem Überfall erwacht er aus dem Koma und ist nicht mehr er selbst. Er sieht anders aus, hat einen neuen Körper und eine neue DNA. Er wurde so verändert, dass er wie Marcus Wyckes aussieht, dem Kopf des Kartells, der weltweit gesucht wird.
Daniel Suarez entführt den Leser in seinem neuen Sci-Fi-Thriller Bios in das Jahr 2045. Die Technik, wie wir sie kennen, ist längst überholt. Stattdessen befinden sich die Menschen in der sogenannten biologischen Moderne. Die synthetische Biologie wird als die vierte industrielle Revolution bezeichnet. Alles was maschinell und industriell gefertigt wurde, wird nun von maßgeschneiderten Organismen produziert. Aus Hefen, Algen und Bakterien werden Maschinen gefertigt, die für eine nachhaltige Produktion sorgen. Die Länder, die an den alten Technologien festhielten und den Wandel verweigerten, versanken in der Bedeutungslosigkeit. Singapur ist das neue Zentrum der Welt.
Doch die Entwicklung führt ebenso zu einer völligen Überwachung, Rekordzahlen an Flüchtlingen und immer mehr Arbeitslosen, die mit den alten Abschlüssen ohne Job dastehen und im Zuge der Entwicklung einfach wegrationalisiert werden. Um den Anforderungen der neuen Zustände gerecht zu werden, schlagen wohlhabende Paare auch illegale Wege ein. Denn Gen-Editing an Embryos erlaubt es, Kinder schon vor der Geburt besser auf das anstehende Leben vorzubereiten. Durch Manipulationen können die Intelligenz, Stärke oder die Lebenserwartung der Ungeborenen drastisch erhöht werden. Offiziell verboten, boomt das illegale Geschäft, denn jeder, der es sich leisten kann, will seinen Kindern eine scheinbar bessere Zukunft ermöglichen. Die UN erlaubt nur Gen-Editing für eine bestimmte Liste von Erbkrankheiten, aber nicht zur Modifizierung. Was aber noch unmöglich erscheint, ist die komplette Veränderung eines lebenden Menschen. Doch genau das muss Kenneth Durand unfreiwillig erleben.
Veränderung kommt. Unerbittlich. Meistens erfolgt sie allmählich, manchmal aber ist sie auch wie ein Erdbeben. Lieb- und wertgehaltene Grundannahmen bekommen einen Knacks. Felsen der Stabilität bröckeln. Erfahrungsklüfte tun sich zwischen Nachbargenerationen auf.
Bios bietet eigentlich alle Voraussetzungen, um eine gute und spannende Mischung aus Thriller, Science-Fiction und Dystopie zu sein. Und Unterhaltung wird dem Leser geboten, auch wenn das Ende sehr vorhersehbar ist und der Weg dahin eigentlich ohne Überraschung verläuft. Dafür bleiben allerdings andere Elemente auf der Strecke. Gerade zu Beginn wirkt die Vermittlung der Hintergrundinformationen zu den Entwicklungen der Forschung und der Erde im Allgemeinen holprig und kommt eher wie ein Lexikoneintrag daher, der sich nicht wirklich gut in die eigentliche Handlung einfügt. Gleiches gilt auch für die gesellschaftlichen Veränderungen der Erde. Sie werden immer wieder nebenbei erwähnt, haben aber letztlich kaum Einfluss auf die Handlung. Das größte Problem für mich war aber die Hauptfigur Kenneth Durand. Nachdem er ins Koma fällt und fünf Wochen später als völlig anderer Mensch erwacht, gelingt ihm nur kurze Zeit danach bereits die Flucht. Der neue Körper ist deutlich kräftiger als der Alte. Leider macht Daniel Suarez aus diesem Umstand viel zu wenig. Kenneth besitzt kaum psychologische Tiefe und mit seinen neuen körperlichen Möglichkeiten findet er sich außerordentlich schnell zurecht. Außer einigen kurzen Passagen, in denen er sich daran erinnern muss, wer er eigentlich ist, findet kaum ein innerer Kampf statt. Auch sonstige reflektierende Gedankengänge des Protagonisten sind leider eher die Ausnahme. Wirklich durchdachte Identitätskonflikte sucht der Leser hier vergebens.
„DNA ist DNA. Nichts weiter als Information. Das Heißt, dass auch Menschen nichts weiter sind als Information. Und in der Rechtsprechung etabliert es sich zunehmend, dass Information eigentumsfähig ist.“
Bios von Daniel Suarez ist ein Sci-Fi Thriller, der gut unterhält und ein interessantes Setting bietet. Leider bleibt das Gefühl, dass der Autor aus seinen Ideen zu wenig macht und hier viel Potenzial verschenkt. Die gesellschaftlichen Veränderungen spielen für die Handlung kaum eine Rolle und der Protagonist bleibt sehr oberflächlich. Somit bleibt nach dem Lesen der Eindruck, dass hier deutlich mehr drin gewesen wäre, als ein paar interessante Grundideen, die dann in einer unterhaltsamen, aber vorhersehbaren Story untergebracht werden.
Weitere Informationen zum Autor und seinem Werk, findet ihr auf der Seite des Rowohlt-Verlags.
Schlummert noch auf meiner Hörbuch WuLi 😉
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