Eine zerrüttete Familie
Der Vater ist ein Niemand. Als Kind wurde er auf einer Türschwelle abgelegt und hat keine Familie. Sein ganzes Leben lang erfindet er Geschichten über seine Herkunft, auf der Suche nach Anerkennung und Bedeutung. Zudem ist er ein Trinker, ein Großmaul und ein Tyrann. Er zerstört die gesamte Familie. Sein Sohn John hat selbst massive Suchtprobleme und erkennt letztlich in den eigenen Exzessen seinen Vater. Am Ende wünscht er ihm nur noch den Tod.
Mit seinem Buch Lügen über meinen Vater hat John Burnside eine autobiographische Geschichte veröffentlicht, in der er schonungslos und sehr offen über die Lügen und den Terror spricht, mit denen sein Vater die Familie zerstört hat. Das Verhalten von Johns Vater ist gezeichnet von Betrug, Gewalt, Härte und Egoismus. Im ersten Teil des Buches schildert er die Kindheit in einem Plattenbauhaus und wie es an ihm liegt, das Verhältnis zwischen seinen Eltern aufrecht zu erhalten. Hier finden sich immer wieder Momente des Glücks, aber gleichzeitig auch schon die ersten deutlichen Anzeichen für die schwere Zukunft. Früh muss er lernen, seine wahren Gefühle zu verbergen und erkennt, dass die stark depressive Mutter kein Gegengewicht bildet. Mir tat es beim Lesen richtig weh, zu erleben, wie die kindliche Liebe nur auf eisige Härte trifft und John als Kind so allein gelassen wird. Im zweiten Teil werden dann die Auswirkungen der schweren Kindheit und der gestörten Familienverhältnisse offenbar. John beginnt selbst exzessiv zu trinken und konsumiert Drogen. Der Rausch dauert häufig tage- oder wochenlang an. Sein Weg endet zunächst in der Psychiatrie, wo er immer noch auf der Suche nach seinem eigenen Ich ist. Hier erkennt er die Qualen, die sein Vater durch die immer neuen Demütigungen erleiden musste.
Es gehört mit Sicherheit viel Mut dazu, die eigene Kindheits- und Jugendgeschichte sowie die eigenen Schwächen und Probleme so offen und ehrlich darzustellen wie John Burnside es hier tut. Neben dieser Offenheit ist es außerdem die schriftstellerische Qualität des Autors, die das Buch zu etwas wirklich Besonderem macht. Klar und präzise formuliert John Burnside seine Gedanken und Erinnerungen und lässt den Leser tief in sein Inneres eindringen und an dieser intensiven Auseinandersetzung mit sich selbst teilhaben.
Intensive Auseinandersetzung mit einem schwierigen Thema
John Burnsides autobiographischer Roman Lügen über meinen Vater ist keine leichte Kost und teilweise ist fiel es mir wirklich schwer, die Erlebnisse der schwierigen Kindheit zu lesen. Sowohl das selbstzerstörerische Leben des Vaters als auch das eigene wird hervorragend erzählt und letztlich bin ich sehr froh, dass John den Absprung geschafft hat. Ein bewegendes Buch, das jedem, der an der Thematik interessiert ist, nur zu empfehlen ist.