©Rowohlt Verlag
Alle guten Dinge sind neun
In neun Geschichten führt David Mitchell seine Leser rund um den Globus: Er erzählt von einem japanischen Sektenmitglied, das einen Anschlag verübt; von einem jungen Plattenhändler in Tokio, der sich unsterblich verliebt; vom Leben einer Teestubenbesitzerin am Heiligen Berg und ihrem Kampf gegen die erbarmungslosen Regimes; von einem Parasiten, der in seinem Wirt quer durch die Mongolei reist; von einer Kunstfälscherbande in St. Petersburg; von einem ärmlichen Ghostwriter in London, der versucht, seine Schulden zu tilgen; von einer irischen Nuklearwissenschaftlerin auf der Flucht sowie von einem Radiomoderator in New York, bei dem alle Stränge zusammenlaufen.
Chaos ist ähnlich konstruiert wie sein Nachfolger Der Wolkenatlas. Wir haben neun einzelne Geschichten, die völlig unterschiedlich sind – was die Handlung betrifft, den Schreibstil und auch das Genre. Am Anfang wundert man sich noch, wie die eine Story denn überhaupt irgendetwas mit der anderen gemeinsam haben könnte, doch nach und nach entdeckt man es: Protagonisten aus einer Geschichte tauchen in anderen auf (das kennt man ja bereits aus dem Wolkenatlas/Cloud Atlas), manche spielen eine kleinere Rolle bei ihrem Gastauftritt, manche eine größere. Toll ist, dass auch Charaktere aus dem Wolkenatlas kurz vorbeischauen – quasi als Eastereggs für die fleißigen Mitchell-Leser. Allerdings finde ich die Handlungsstränge sogar noch gelungener miteinander verknüpft als in ebendiesem. Am Ende des Romans kommt es zum furiosen Finale und auf vielleicht 30 Seiten machte mein Kopf die ganze Zeit „Ah!“, „Ach so!“, „Oh!“ und „Waaas?“. Wer überraschende Enden mag, wird hier auf gar keinen Fall enttäuscht sein.
Jede der neun Geschichten hat mir wirklich richtig gut gefallen. Manche von ihnen kommen ohne große Action aus, wie z.B. die über den jungen Jazzfan und Plattenhändler, die mich ein wenig an Nick Hornbys High Fidelity erinnert hat – trotzdem fehlt keinesfalls die Spannung. Andere Stories sind deutlich temporeicher und packend vom Anfang bis zum Ende. Gerade diese nicht alltäglichen Themen, wie das Leben der Teestubenbesitzerin oder die Geschichte der Nuklearwissenschaftlerin, fand ich total interessant. Genauso die ausgefallene Idee, einen Parasiten als Protagonisten und Erzähler zu wählen. Mitchell bietet einem eine Menge Abwechslung. Ein klassischer Roman ist Chaos natürlich nicht, aber wer mit dem Stil des Autors vertraut ist, sollte darauf ganz gut eingestellt sein und sich problemlos in dessen kuriose Welten fallen lassen können.
Der coole große Bruder des Wolkenatlas
Obwohl Chaos David Mitchells Debütroman ist, steht er dem bekannten Werk Der Wolkenatlas in nichts nach. Neun spannende Geschichten zu den unterschiedlichsten Themen nehmen den Leser mit auf eine abenteuerliche und zum Teil abgedrehte Reise quer über den Globus. Wer sich auf Mitchells besondere Art des Schreibens und Erzählens einlässt, wird sehr viel Freude hieran haben – und am liebsten direkt im Anschluss ein weiteres seiner Bücher lesen wollen.
Vielen Dank für die schöne Rezension, hat wirklich Lust auf das Buch gemacht! Ich habe den „Wolkenatlas“ sehr genossen, ebenso wie „Der dreizehnte Monat“. Nun werde ich Ausschau nach diesem Roman halten.
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Na wenn du die beiden sehr mochtest, dürfte Chaos dich eigentlich nicht enttäuschen, da es stilistisch halt sehr ähnlich ist. ;) Ich bin gespannt wie es dir gefällt!
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[…] Hier könnt ihr die komplette Rezension nachlesen. […]
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