Eine Frau, die verschwindet, eine unbefleckte Empfängnis und ein Frosch, der Tokyo rettet – die sechs Kurzgeschichten in Murakamis Sammelband Nach dem Beben sind alle, teils eng, teils lose, mit dem Erdbeben von Kobe im Jahr 1995 verknüpft.
„Wohin man auch geht, sich selbst entkommt man nicht. Es ist so wie mit dem eignen Schatten, der folgt einem auch überall hin.“
Die Stories in diesem kurzen Band sind mal realistisch, wie die über das junge Mädchen, das von Zuhause abgehauen ist und sich mit einem älteren Mann angefreundet hat, der jeden Abend ein Feuer entfacht und dieses betrachtet, mal jedoch völlig phantastisch, wie die herrlich abstruse Geschichte eines zwei Meter großen Froschs, der sich gemeinsam mit dem Schuldeneintreiber Katagiri aufmacht, um in der Tokyoter Unterwelt einen Wurm zu besiegen und somit ein erneutes Erdbeben von katastrophalem Ausmaß zu verhindern.
Ich könnte nie mit ihm leben, dachte Junko, denn ich würde niemals zu seinem Herzen Zugang finden. Aber vielleicht kann ich ja mit ihm sterben.
Was alle Geschichten gemein haben, ist der typische wunderbar lakonisch-melancholische Ton Murakamis, der sie trotz ihrer schlichten Sprache zu etwas Besonderem macht. So sind auch die Begebenheiten, die banal und alltäglich erscheinen, stimmungsvoll dargestellt und gespickt mit Textstellen, die ihre Leser berühren.
„Was man mit den Augen sieht, ist nicht unbedingt wirklich. Zu meinen Feinden gehört auch das Ich, das in mir selbst ist.“
Die Verbindungen zum Erdbeben in Kobe bilden nur einen groben Rahmen, der die Geschichten zusammenhält. Eigentlich geht es aber um die klassischen Themen Murakamis wie Beziehungen, Einsamkeit und den Sinn des Lebens. Im Fokus steht nicht das Beben selbst und die Zerstörung, die es in den Städten hinterließ – obwohl dies oft der Auslöser für die Situation der Protagonisten ist –, sondern die Auswirkungen auf das Individuum, die Erschütterungen des Herzens und der Seele.
[…] Sechs Kurzgeschichten sind in diesem schmalen Sammelband vereint, die alle mehr oder weniger mit dem Erdbeben von Kobe im Jahr 1995 zusammenhängen. Haruki Murakami bewegt sich hier geschickt zwischen realistischen Stories über Beziehungen und Einsamkeit sowie phantastischen Erzählungen, wie der von einem riesigen Frosch, welcher Tokyo retten will. Mal lakonisch und melancholisch, mal wunderbar skurril und humorvoll, beweist Murakami mit diesem Band, dass seine Kurzgeschichten seinen Romanen in nichts nachstehen. Hier findet ihr einige kurze Gedanken zu Nach dem Beben. […]
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