Im November ist der dritte und letzte Teil der Themis Files von Sylvain Neuvel erschienen. Giants – Die letzte Schlacht ist zwar ein würdiger Nachfolger, kann aber nicht das hohe Niveau der ersten beiden SciFi-Bände halten.
Fast zehn Jahre ist es bereits her, dass die außerirdischen Roboter überall auf der Erde auftauchten und eine Welle der Zerstörung hinterließen, bei der Millionen Menschen ums Leben kamen. Ebenfalls so lange her ist es, dass Themis mitsamt den Wissenschaftlern Dr. Rose Franklin und Vincent Couture sowie General Eugene Govender und Vincents zehnjähriger Tochter Eva an Bord auf den fremden Planeten geholt wurde. Nun, zurück auf der Erde, herrscht erneutes Chaos: die USA benutzen den zweiten auf der Erde gebliebenen Roboter namens Lapetus, um ihre Schreckensherrschaft auszuweiten – bis Themis zurückkehrt und der russischen Regierung in die Hände fällt.
„Dr. Franklin, die freie Welt wurde zerstört, als die Außerirdischen gekommen sind. Die ganzen Ideen, Demokratie, der Wille des Volkes, Gleichheit, sie basierten auf dem Glauben, dass das Gute letztlich das Böse besiegt.“
Neuvels zweiter Band endete mit einem unglaublich fiesen Cliffhanger – Rose, Vincent, der General und die kleine Eva werden mit Themis auf den Heimatplaneten der Roboter geholt. Genauso spektakulär geht es dann in diesem Buch weiter: die Protagonisten sind zurück auf der Erde und werden in Russland gefangen gehalten, auch wenn Major Lebedew vom russischen Militärnachrichtendienst stets betont, sie können gehen, wohin sie wollen. Was sie dort in Sankt Petersburg erwartet und wie sie ihre Jahre auf dem fremden Planeten, Esat Ekt, verbracht haben, kommt erst nach und nach ans Licht. Durch ständig alternierende Szenen der Gegenwart und der Vergangenheit sowie wechselnde Perspektiven werden nur langsam Hintergründe aufgedeckt, ohne dass das Tempo und die Spannung des SciFi-Romans darunter leiden müssten.
Während im Hier und jetzt also erneut ein Wettrüsten der Roboter Themis und Lapetus zwischen den USA und Russland herrscht, Krieg und Unterwerfung den Alltag der Menschen genauso bestimmen wie die Angst vor einem erneuten Besuch bzw. Angriff der Außerirdischen oder ihrer Roboter, geht es in den Rückblenden um das Leben aus Esar Ekt. Eugene und Vincent stehen dem Planeten eher abgeneigt gegenüber und wollen schnellstmöglich wieder zurück zur Erde, doch Rose sieht eine einmalige Chance, einen fremden Planeten sowie eine fremde Lebensform kennenzulernen, zu untersuchen und zu verstehen. Eva gliedert sich sogar,zum Leidwesen ihres Vaters, erstaunlich gut in die Gesellschaft ein: sie arbeitet in einer Suppenküche und freundet sich mit vielen Einheimischen an.
„Ich will nicht, dass wir uns anpassen. Ich weiß, es klingt dumm nach sieben Jahren, aber ich hoffe immer noch, dass der Rat uns gehen lässt. Ich rechne nicht unbedingt damit, aber wir müssen der Tatsache ins Auge sehen, dass es vielleicht die einzige Möglichkeit ist, die Erde wiederzusehen. Jedes Mal, wenn wir Freundschaften schließen, jedes Mal, wenn wir uns irgendwie engagieren, machen wir es dem Rat leichter zu sagen, wir würden hierhergehören.“
Zentrale Themen, die sowohl auf der Erde als auch auf Esat Ekt beschrieben werden, sind Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Identität. Die vier Erdbewohner werden in einen der äußeren Bereiche auf Esat Esk verfrachtet, in dem einst unzählige Bewohner diverser Planeten lebten, bevor sie von dort vertrieben wurden. Sie sind abgeschottet und befinden sich in einem Jahre andauernden Schwebezustand des Geduldetseins – sie werden akzeptiert,dürfen dort wohnen, aber keinem Beruf nachgehen. Trotzdem dürfen sie auch den Planeten nicht verlassen. Fremdheit und Ungewissheit bestimmen ihren Alltag und auch die Bewohner Esat Ekts sind damit nicht zufrieden. Im Laufe der Zeit kommt es zu Demonstrationen und Aufständen.
Sylvain Neuvel bringt in diesem dritten Band viele Bezüge zur aktuellen politischen und sozialen Lage der Welt mit ein, allen voran Islamophobie und den Umgang mit Geflüchteten. Das ist ihm wirklich gut gelungen. Was allerdings auf der Strecke bleibt, ist ein bombastisches Finale zum Abschluss der Trilogie. Es wird gekämpft, ja, aber in vergleichsweise kleinem Rahmen. Auch wenn Kämpfe und Zerstörung bei Neuvel nicht so sehr im Fokus stehen, hätte ich hier doch etwas mehr Feuerwerk erwartet. Die Schilderungen des fremden Planeten sind sehr gut umgesetzt, ebenso wie der Spannungsbogen, der dank verborgener Absichten und Beweggründe der Protagonisten bis zum Ende aufrecht erhalten bleibt. Aber das Furiose, das Bombastische, die große Überraschung hat mir dann leider doch gefehlt. Somit ist Giants – Die letzte Schlacht zwar ein würdiger Nachfolger der ersten beiden Bände, fällt im direkten Vergleich mit ihnen allerdings auch ein bisschen ab.