Monatsrückblick: Unsere Bücher im Juli

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Hallo August! Tschüss, heißer Juli, der zum Teil so verschwitzt und anstrengend war, dass es kaum möglich war zu lesen. Deshalb ist das Lesepensum letzten Monat etwas geringer – vor allem kürzere Literatur hat ihren Weg zu uns gefunden, wie Murakamis Kurzgeschichtensammlung, Peter Stamm, Jon Krakauer und Philip Roth. Es folgt unser Monat Juli in Büchern:

Haruki Murakami – Wie ich eines schönen Morgens im April das 100%ige Mädchen sah

Das 100%ige Mädchen, die Beziehung zwischen Bruder, Schwester und ihrem Verlobten, Miniaturmenschlein, die einen Fernseher in die Wohnung tragen, um sich dann dort weißes Rauschen anzusehen und danach wieder zu verschwinden als wäre nichts gewesen, ein tanzender Zwerg, ein grünes Monster und das letzte Mal Rasenmähen – Murakami umreißt alle bei ihm denkbaren Themen in seiner Kurzgeschichtensammlung aus dem Jahr 1993.
Insgesamt hat mir dieser Band sogar noch einmal mehr gefallen als Von Männern, die keine Frauen haben. Vielleicht liegt es daran, dass hier deutlich mehr surreale Geschichten versammelt sind. Meine Highlights waren aber definitiv die titelgebende Story (die für mich übrigens die 100%ige Kurzgeschichte ist) sowie „TV-People“, „Familiensache“ und „Der tanzende Zwerg“. Eine Rezension folgt demnächst.

Jon Krakauer – In die Wildnis

Der Journalist Jon Krakauer versucht in seiner Reportage In die Wildnis das Leben von Christopher McCandless nachzuvollziehen. Der junge Mann verließ seine Eltern und lebte fortan als Tramper und in der Natur, ohne das seine Familie wusste wo er sich befand und ob er überhaupt noch lebt. Mithilfe von Zeugenaussagen rekonstruiert Krakauer dessen Reise durch den Westen der USA und nach Alaska, wo McCandless schließlich allein verhungerte. Ein bewegendes und nachdenklich machendes Porträt eines Mannes, der in der Wildnis die Freiheit und das wahre Leben suchte. Unsere ausführliche Besprechung findet ihr hier.

Neil Gaiman – Niemalsland

Richard hilft eines Nachts dem verletzten Mädchen Door – doch dann beginnen die Probleme. Door kommt nämlich aus Unter-London, einer Parallelwelt, die sich unterhalb den Straßen Londons befindet. Nun, da er Zugang zu Unter-London hat, fängt allerdings seine Identität im normalen London an, sich aufzulösen. Richard muss nicht nur Door vor zwei gefährlichen Mördern beschützen, sondern auch versuchen, sein altes Leben wiederzuerlangen.
Gaimans Roman ist ein spannendes und actionreiches Stück Urban Fantasy, das vor allen Dingen mit vielen Absurditäten und skurrilen Charakteren punkten kann. Humorvoll erzählt er von Richards Abenteuer in der Unterwelt, von Engeln, Rattensprechern und wandernden Märkten. Das Buch hat mir richtig gut gefallen, aber am Ende blieb doch das Gefühl, das irgendwas gefehlt hat, das gewisse Etwas, der Wow-Faktor. Der Ozean am Ende der Straße fand ich beispielsweise noch ein bisschen besser.

Cory Doctorow – Walkaway

In Zeiten, in denen Dystopien sowohl im Fernsehen als auch auf dem Buchmarkt Hochkonjunktur haben, legt Cory Doctorow mit Walkaway zur Abwechslung eine Utopie vor. In der Gesellschaft der Zukunft gehen immer mehr Menschen in den sogenannten Walkaway, wo sie versuchen ihre Vorstellungen einer besseren Gesellschaft umzusetzen. Als im Walkaway eine Möglichkeit gefunden wird, den Tod zu umgehen, ist es vorbei mit dem Frieden. So lobenswert es auch ist, eine positive Zukunftsvision zu entwickeln, kann das leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass Doctorow zu viel erklärt und zu wenig zeigt. Dazu kommen austauschbare Figuren, die nur bestimmte Ideen von einer Gesellschaft transportieren. Insgesamt leider eine Enttäuschung, wie ihr hier nachlesen könnt.

Peter Stamm – Agnes

Der Ich-Erzähler lernt die jüngere Agnes eines Tages in der städtischen Bibliothek kennen. Schnell kommen sie sich näher, beginnen eine Beziehung. Doch als Agnes ihn bittet, ihre gemeinsame Geschichte aufzuschreiben, tauchen die ersten Probleme auf. Realität und Fiktion geraten durcheinander, Erwartungen schießen in die Höhe und bleiben unerfüllt. Peter Stamm erzählt auf klare aber dennoch sehr zärtliche und melancholische Weise die Geschichte einer ungesunden Liebesbeziehung. Hier findet ihr eine ausführliche Besprechung.

Italo Calvino – Wenn ein Reisender in einer Winternacht

Du, lieber Leser, hast dir den neuen Roman Calvinos besorgt und musst nach einigen Seiten enttäuscht feststellen, dass es sich um einen Fehldruck handelt. Doch weil du wissen willst, wie die Geschichte weitergeht, lässt du dir das Buch geben, zu dem der Anfang eigentlich gehören soll. Auch dort merkst du, dass es sich um eine völlig andere Geschichte handelt – die du aber ebenfalls gerne lesen würdest. So häufen sich immer mehr Romananfänge, die dich neugierig machen. Wer steckt dahinter, wer hat all diese Bücher falsch zusammengesetzt und warum?
Calvinos Roman ist eine literarische Schnitzeljagd angelehnt an die verschachtelten Geschichten Scheherazades aus Tausendundeine Nacht, raffiniert, knifflig und unterhaltsam. An manchen Stellen klang es mir persönlich ein wenig zu sehr nach literaturwissenschaftlichem bzw. philosophischem Fachtext, dennoch ist es für mich ein großartiger und innovativer Roman über das Erzählen, das Lesen, Lug, Trug und Fälschung. Ein einmaliges Leseerlebnis!

Philip Roth – Der menschliche Makel

Während Amerika über das Fehlverhalten des Präsidenten diskutiert, wird an einer kleinen Universität Coleman Silk aufgrund einer angeblichen rassistischen Äußerung entlassen. Ich glaube, dass Philip Roths Roman Der menschliche Makel heute nicht mehr so gut funktioniert wie zu seinem Erscheinen kurz nach der Lewinsky-Affäre. Was aber dennoch bleibt, ist das herausragende Porträt von Silk, einem Mann, der Zeit seines Lebens mit der Gesellschaft und den Erwartungen an ihn zu kämpfen hat. Die ausführliche Rezension folgt demnächst.

Haruki Murakami – Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt

Inspiriert von Murakamis Kurzgeschichten hatte ich unglaubliche Lust auf einen Roman von ihm. Da ich aber schon so gut wie alle gelesen habe, dachte ich, ich könnte mich nach gut vier Jahren noch einmal an Hard-boiled Wonderland wagen. Hier alternieren die Perspektiven zweier Ich-Erzähler, der eine ein Datenwäscher in Tokyo, der für einen geheimnisvollen Professor in dessen unterirdischem Labor einen Auftrag erledigt, der sich als ziemlich gefährlich herausstellen wird, der andere gefangen am Ende der Welt in einer ummauerten Stadt, in der Einhörner existieren – ohne jegliche Erinnerungen an seine Vergangenheit. Nach Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki war dies damals mein zweiter Roman Murakamis und ein ziemlich starker Kontrast – dennoch war ich genauso hin und weg, wie ich es nun nach dem zweiten Lesen bin. Rasant, actionreich, verrückt und eigentlich schon Science-Fiction-mäßig ist dieses Buch doch noch mal anders als die magisch-realistischen oder völlig realistischen Romane des Autors – für mich aber einer seiner besten.

Walter Moers – Ensel und Krete

Walter Moers Protagonisten, zwei Fhernhachengeschwister namens Ensel und Kretel, verirren sich während des Familienurlaubs im Großen Wald Zamoniens. Dort lauern nicht nur gefährliche Pflanzen und Pilze, Stollentrolle und Sternstauner, sondern auch die berühmt-berüchtigte Hexe. Das liebevoll illustrierte Buch ist eine sehr düstere Version des Märchenklassikers Hänsel und Gretel, doch auch wenn gewisse erzählerische Parallelen vorhanden sind, schafft Moers es, seine Leser zu überraschen. Ein gefährliches und verrücktes Abenteuer aus der kreativen Feder des Kultautors. Hier gelangt ihr zur Rezension.

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