Takis Würger – Der Club

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Ein geheimnisvoller Club, mächtige junge Mitglieder und ein unaufgeklärtes Verbrechen: In seinem mitreißenden Debüt-Roman Der Club berichtet Takis Würger von einer etwas anderen College-Zeit.

Hans Stichler verliert schon früh seine Eltern. Seine Tante Alex, die in England lebt und seine einzige Verwandte, nimmt ihn allerdings nicht bei sich auf, sondern schickt ihn aufs Internat. Dort lernt er das Boxen. Als er kurz vor dem Schulabschluss steht, meldet sich seine Tante Alex wieder bei ihm. Sie möchte ihm ein Stipendiat an der Cambridge University verschaffen, unter einer Bedingung: Hans soll dem Pitt Club beitreten und Alex dabei helfen, ein wohlbehütetes Geheimnis aufzudecken.

Aus verschiedenen Perspektiven berichtet Würger von dem Alltag an der Universität, von den Geschehnissen im Pitt Club, von den Boxkämpfen und Partys. Neben Hans und Alex kommen auch Mitglieder des Pitt Clubs wie Billy und Josh zu Wort, sowie Charlotte, das Mädchen, das sich in Alex Namen um Hans kümmert und selbst eine dunkle Vergangenheit verbirgt. Charlotte, die ein paar Jahre älter ist als Hans, übt eine magische Anziehung auf ihn aus und auch die Jungs im Club scheinen alle gar nicht so verkehrt zu sein – können sie wirklich etwas Schlimmes getan haben?

„Ihr habt alles. Ihr habt Geld, ein Haus, schöne Freundinnen, gesunde Körper, ihr seid auf dieser verdammten Uni, ihr fahrt alle in zwei Jahren einen Bentley.“ Ich wollte etwas sagen, Priest redete weiter.
„Aber ihr habt keine Wut. Das kannst du Leuten nicht beibringen. Ich hatte Wut, hab sie noch immer. Der Deutsche hat Wut, aber der ist auch nicht normal im Kopf. Du hast auch Wut, mein Sohn, du bist nicht wie diese verwöhnten Pansen, das hab ich heute gesehen. Gewonnen, verloren, scheißegal. Du hast Feuer.“

Der Club ist ein Roman, der zwar im universitären Milieu angesiedelt ist, aber deutlich mehr als nur eine Coming-of-Age-Geschichte ist. Denn es ist auch eine Liebesgeschichte, ein Kriminalfall, ein Buch über dunkle Geheimnisse, Machtmissbrauch und Rache. Würger bedient sich eines recht reduzierten Schreibstils, der aber dennoch auf seine eigene Art zu fesseln vermag. Er schreibt temporeich, sodass man als Leser nur so durch die knapp 240 Seiten fliegt. Gleichzeitig strahlt die Sprache auch eine gewisse Kühle aus und deutet atmosphärisch schon den Abgrund an, auf welchen sich die Protagonisten hinzubewegen.

„Die Wahrheit, Bill“, sagte sie, „sind die Geschichten, die wir uns so lange erzählen, bis wir glauben, sie wären Wirklichkeit.“

Interessanterweise fand ich den Charakter Josh in seiner Ambivalenz viel witziger als Bücher der Kategorie Humor. Ich tue mich generell sehr schwer mit Witzen in Romanen, mit gewollt lustigen Szenen, aber wenn dieses homophobe, sexistische Arschloch ganz genau darauf achtet, woher sein Biofleisch kommt und seiner Oma immer Gute-Nacht-Geschichten-vorliest, kann ich gar nicht anders als zu Lachen. Josh war mir von Anfang an unsympathisch mit seiner Grobheit und seiner Gossensprache, aber die Absurdität seines Charakters lässt ihn wirklich interessant erscheinen .

[…] aber es war nicht diese Stärke, die mich anzog, ich spürte ihren Schmerz. Ich wusste nicht, woher er kam, doch er war da und zog mich an.
Ich glaube, dass wir in unserer Schwäche zueinanderfanden.

Auch wenn die anderen Clubmietglieder Hans immer gut behandeln, sich nett mit ihm unterhalten und ihn zum Essen einladen, muss er doch bald feststellen, dass sie mit der Macht, die sie durch ihre gut betuchten Eltern und ihre angesehene Stellung im berühmt-berüchtigten Pitt Club genießen können, keineswegs umzugehen wissen. Im Boxring sind sie an Regeln gebunden, müssen sich kontrollieren, doch außerhalb des Kampfes genießen sie die mit ihrer Macht einhergehende Freiheit. Hans und der Leser finden sich inmitten von selbstgedichteten Wahrheiten und Rachegedanken wieder, welche die Protagonisten zu undenkbaren Handlungen treiben.

Takis Würger hat mit Der Club einen wahnsinnig guten Roman geschaffen, der sprachlich eher auf der schlichten Seite angesiedelt ist, aber mit viel Tempo, interessanten Charakteren und ziemlich aktueller Thematik punkten kann. Auch wenn sich das Geheimnis, das Hans aufklären soll, mehr oder weniger schnell offenbart, folgen doch noch einige überraschende Ereignisse zu Ende des Buches hin. Da dies Würgers Debüt ist, bin ich schon sehr gespannt, auf das was folgt und freue mich, hoffentlich bald mehr von ihm lesen zu können.

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