Einzlkind – Harold

351_43597_108642_xl

Ein wahnwitziger Roadtrip durch England und Irland

Harold glaubte, nach Mutters Tod erbe er die Villa und erhänge sich zweimal die Woche in der Vorhalle.
Harold ist 49, lebt in London und bringt sich gerne um. Ansonsten spielt er jede Woche Bridge mit drei alten Damen. Eines Tages verliert er seinen Job als Fleischfachverkäufer und zu allem Übel muss er auch noch dem kleinen Genie Melvin bei der Suche nach dessen Vater behilflich sein. Melvin ist zwar eine altkluge Nervensäge, dennoch macht sich Harold mit ihm auf den Weg in ein völlig verrücktes Abenteuer, in welchem sie auf abstruse Gestalten treffen und blöderweise die Queen überfahren.

Harold ist zwar in der Taschenbuchversion beim bekannten Heyne-Verlag erschienen, trotzdem habe ich bisher noch keinen Menschen kennengelernt, der es gelesen hat. Über den Autor, der unter dem Pseudonym Einzlkind schreibt, weiß man absolut gar nichts, der Klappentext verrät lediglich, dass er in England lebt. Oder auch in Deutschland. Alles ist ein einziges großes Mysterium. Ich bin rein zufällig beim Herumstöbern auf dieses Buch gestoßen und das ist einer der aufregendsten Zufalls-Funde, die mir bisher in Buchhandlungen passiert sind.

Dieser Roman ist verrückt. Vollkommen Banane. Wer den Klappentext gelesen hat, sollte wissen, worauf er sich einlässt: Auf eine total surreale Geschichte mit ausschließlich skurrilen Charakteren. Wirklich niemand ist normal in diesem Buch. Und das ist auch gut so! Der Protagonist Harold ist natürlich angelehnt an seinen Namensvetter aus Harold und Maude. Doch statt seinen Selbstmord nur vorzutäuschen, bringt er sich tatsächlich immer um. Am liebsten erhängt er sich an einem Strick im Hausflur und baumelt so herum, während seine Nachbarn sich mit vollgepackten Einkaufstüten an ihm vorbeischieben. Harold ist kein fröhlicher Mensch, dennoch wird das Buch nie traurig. Denn da ist immer noch Melvin, der eloquent und hochintelligent ist wie ein Quantenphysik-Nobelpreisträger. Er ist ein absoluter Klugscheißer und muss ununterbrochen seinen Senf dazugeben, was dazu führt, dass er und Harold ständig in unangenehme Situationen geraten. Ein solch unterhaltsames Pärchen gab es schon lange nicht in der Literatur.

Einzlkind hat einen Roman geschaffen, der von der ersten bis zur letzten Seite unterhält. Humor ist bekanntlich Geschmackssache und das trifft denke ich vor allem bei Harold zu: Wer britischen Humor mag, insbesondere Monty Python, wird sehr schnell mit dem Buch warm. Political Correctness gibt es hier nicht. Als Harold in einem gelben Elch-Pullunder, cremefarbenem Hemd und hellblau-grau-violetten Anzug auftaucht, wundert sich Melvin: Hatte er vielleicht gesagt: Ziehen Sie bitte etwas aus den Siebzigern an, in dem Sie aussehen wie ein homosexueller Gebrauchtwarenhändler aus Bristol[…]? Wer darüber nicht lachen oder schmunzeln kann, sollte es am Besten direkt sein lassen.

Ein absoluter Geheimtipp

Alle anderen erwartet ein einmaliges Buch mit trockenen und bitterbösen Witzen, das mit seinem berauschenden Schreibstil und wild wüsten Wortkonstruktionen zu einem einzigen Sprachfeuerwerk wird. Einzlkinds Harold ist ein bisschen wie ein versunkener Goldschatz ganz tief unten am Meeresgrund – schwer zu entdecken aber wirklich exquisit!

5sterne

1 comment

Add Yours

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..