Monatsrückblick: gelesen im März

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Der März war trotz Social Distancing und beschränkter Aktivitäten kein besonders lesestarker Monat. Von den fünf Büchern, die wir beendet haben, konnten uns immerhin drei Autorinnen mit ihren Werken überzeugen. Welche das waren, erfahrt ihr im Folgenden:

Peter Keglevic – Wolfsegg

Agnes lebt mit ihren Eltern und den beiden Geschwistern in einem Tal, in dem jeder jeden kennt und die Familie Außenseiter sind. Nachdem der Vater ermordet wird und auch die Mutter stirbt, verfolgt Agnes nur noch ein Ziel: Bruder und Schwester vor dem Heim zu beschützen, das sie selbst ertragen musste. Der Roman Wolfsegg funktioniert in seinen besten Passagen als Alpenwestern. Diese Momente sind allerdings eher selten. Vor allem die überzeichneten Nebenfiguren und die mit der Zeit immer unglaubwürdigere Handlung hinterlassen einen negativen Eindruck. Die Geschichte funktioniert in der Jetzt-Zeit nicht und wirkt zudem überladen.

Yoko Ogawa – Das Ende des Bengalischen Tigers

Elf atmosphärische Kurzgeschichten versammeln sich in diesem Band (engl. Titel: Revenge) der japanischen Autorin und bilden so etwas wie einen Roman. Alle sind merkwürdig bis unheimlich-düster und alle sind miteinander verknüpft. Während in der ersten Erzählung eine Frau in einer Bäckerei etwas zum Geburtstag ihres verstorbenen Sohnes kauft, wird später ein Liebhaber erstochen, ein Ehemann im Garten verbuddelt und ein Foltermuseum nicht nur zum Ausstellen der fürchterlichen Gegenstände benutzt. Nachdem ich bisher nur Ogawas für mich mittelmäßigen Roman Das Geheimnis der Eulerschen Formel gelesen hatte, war dies eine großartige Überraschung – das Makabere liegt der Autorin eindeutig mehr. Für Liebhaber von Edgar Allan Poe und Ray Bradbury.

Sibylle Berg – GRM. Brainfuck

GRM spielt in England nach dem Brexit. Die Menschen werden durch Algorithmen ersetzt und alles wird von dem Streben nach Gewinn und Verwertbarkeit bewertet. Vier Jugendliche versuchen sich an einer Revolution. Sybille Bergs Roman ist bitterböse, voller Gewalt und sehr düster. Die Handlung mag zwar etwas in die Länge gezogen sein, was aber von einer ganz eigenen Poesie wieder wettgemacht wird. Mit ihrer Beobachtungsgabe und viel Sarkasmus zeichnet die Autorin ein düsteres Bild einer sehr nahen Zukunft, in dem humanistische Werte keine Rolle mehr spielen. Bis jetzt mein Lesehighlight in diesem Jahr!

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Roxane Gay – Bad Feminist

Roxane Gays Essayband Bad Feminist beinhaltet – nach einer biografischen Einführung –Texte über Gender, Sexualität und Race, unter anderem auch in den Feldern Entertainment und Politik. Gay schreibt klug sowie differenziert über Schönheitsideale, sexuelle Gewalt in Popsongs, Witze unterhalb der Gürtellinie, Privilegien, die Repräsentation von People of Color in den amerikanischen Medien (insbesondere in Film und Fernsehen) den Stellenwert von Twitter in unserer heutigen Gesellschaft und darüber, dass Feminismus ein breites Spektrum zu bieten hat und sie lieber eine schlechte Feministin als gar keine ist. Ein wirklich lesenswertes Buch, das uns einerseits soziale Entwicklungen in den USA und auf globaler Ebene vermittelt, andererseits auch durch die subjektiven Darstellungen zum Nachdenken und internen Diskutieren anregt.

Lisa Taddeo – Three Women | Drei Frauen

Lisa Taddeo hat über mehrere Jahre Frauen begleitet und deren Lebensgeschichte aufgezeichnet. In der Form einer literarischen Reportage setzt sich die Autorin mit drei Lebensläufen auseinander, wobei nicht immer klar bleibt, wann die Autorin und wann eine der Frauen spricht. Dabei setzt sie sich mit weiblicher Begierde und Sexualität auseinander, wobei natürlich fraglich ist, inwieweit drei Biographien hierfür repräsentativ sind. Die Frauen werden mit großer Nähe porträtiert und die Geschichten sind es wert, gelesen zu werden. Seinen eigenen Anspruch kann das Buch allerdings nicht erfüllen. Für mich eines der Werke der letzten Jahre, die ich mit am schwierigsten zu bewerten finde.

1 comment

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  1. Wissenstagebuch

    Mir hat „Wolfsegg“ vor ein paar Monaten gut gefallen. Es hatte durch die sich immer weiter steigernde Unglaubwürdigkeit und die immer extremeren Ereignisse etwas von einem Tarantino-Film, fand ich. Überladen – ja, aber dabei auch irgendwie kunstvoll. Die Geschichte in die heutige Zeit zu setzen, empfand ich aber auch als schwierig.

    Viele Grüße
    Jana

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