©rororo
Der Circle von Kapstadt
Kapstadt, Südafrika, in der nahen Zukunft. Der Fotografin Kendra wurden Nanobots in den Körper injiziert, sodass sie nun als lebende Werbung für eine bekannte Getränkemarke dient. Toby, ein selbstverliebter Videoblogger, verkehrt in seltsamen Kreisen und wird zu einem gefährlichen Spiel überredet. Lerato ist Programmiererin und nutzt ihre Fähigkeiten für fragwürdige Widerstandsbewegungen, welche von Tendeka angeführt werden, um gegen die totalitäre Regierung aufzubegehren.
Die vier Protagonisten sind leider größtenteils unsympathisch gestaltet. Toby und Tendeka sind schreckliche Menschen, ich habe regelrechte Abneigung ihnen gegenüber empfunden und meinetwegen hätten sie in der Hölle verrotten können. Mitleid hatte ich mit beiden nicht ein einziges Mal. Die zwei Damen Kendra und Lerato sind…sagen wir mal, okay. Mit ihnen konnte ich noch ein bisschen mehr mitfiebern, aber eine richtige Verbindung konnte ich auch zu ihnen nicht aufbauen. Sprachlich ist der Roman recht schlicht gehalten, mit ausreichend Umgangssprache und Slangwörtern gespickt, ebenso mit Begriffen des futuristischen Kapstadts. Hierzu gibt es glücklicherweise eine Liste mit Erläuterungen, sodass man nicht nur Bahnhof versteht.
Die Welt, die Beukes hier kreiert hat, finde ich sehr interessant und gelungen. Besonders die Ideen der lebenden, wandelnden Werbung sowie der totalen Kontrolle und Smartphone-Dependenz haben mir gut gefallen und klingen ehrlich gesagt gar nicht so unrealistisch. Ebenfalls eindrucksvoll fand ich die Schilderung der Polizeigewalt, welche leider auf Tatsachen beruht. Hierzu gibt Beukes in ihrem wirklich aufschlussreichen Nachwort einige Erklärungen:
Natürlich entstand Moxyland auch durch das Erbe der Apartheid: die willkürlichen und künstlich herbeigeführten Grenzen zwischen Menschen, das Passsystem und die heimtückische Staatspolizei – eine Geheimorganisation, die mit der Stasi mithalten konnte und Aktivisten-Organisationen infiltrierte, Waterboarding anwandte, um „Geständnisse“ zu erzwingen, Unruhestifter aus Fenstern im fünften Stock warf oder sie mit Briefbomben in die Luft jagte, chemische Kampfführung und teuflische biologische Experimente einsetzte.
Dennoch hat sich für mich alles etwas unvollständig angefühlt. Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich den Protagonisten nicht wirklich näher kam. Der Roman kam mir eher vor wie eine Szene oder ein Fragment eines Ganzen. Irgendetwas hat gefehlt. Es war zwar inhaltlich wirklich interessant, konnte mich aber einfach nicht fesseln und überzeugen.
Faszinierend, aber mit deutlichen Schwächen
Lauren Beukes Moxyland ist eine nette Dystopie, die mich ganz gut unterhalten konnte. Es war spannend, mal in so eine ganz andere Welt abzutauchen – südafrikanische Zukunftsszenarien gibt es nicht so häufig. Trotz alledem konnte mich der Roman nicht nachhaltig beeindrucken; die Charaktere bleiben blass und unnahbar und die Ereignisse wirken aus dem Zusammenhang gerissen. Ich habe das Gefühl, dass es ein besserer Roman hätte werden können, wenn Beukes 200 Seiten mehr geschrieben hätte, und alles besser in ein großes Ganzes hätte verweben können.
Die Sache ist die: Alles ist möglich, besonders wenn wir bereit sind, unsere Rechte um der Bequemlichkeit oder einer Illusion von Sicherheit willen zu verkaufen. Unsere eigene, strahlend helle Dystopie ist immer nur ein totalitäres Regime entfernt.
Hmmm auch wenn Du gewisse Schwächen erwähnst, eine südafrikanische Dystopie klingt doch zu verlockend, als das ich ihr widerstehen könnte – danke fürs Aufmerksam machen :)
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Sehr löblich! Ich kann mir gut vorstellen, dass ich auch die einzige bin, der es „unvollständig“ vorkommt…also hast du vielleicht noch mehr Freude daran als ich ;) Beukes hat noch zwei andere interessante Bücher, „Zoo City“ und „Broken Monsters“. Könntest du dir ja vielleicht auch mal ansehen. :)
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