Zwischen Kindheit und Jugend
Der Januar des Jahres 1982 startet verregnet in Black Swan Green, einem kleinen englischen Ort irgendwo in der Mitte des Landes. Jason Taylor sieht ein Jahr voller Langeweile auf sich zukommen. Doch da hat die Rechnung ohne eine Gruppe von Schulschlägern, einen aufkommenden Familienstreit, den Falklandkrieg, eine drohende „Zigeuner-Invasion“ und ohne rätselhafte Wesen, gemeinhin als Mädchen bekannt, gemacht.
David Mitchells Roman Der dreizehnte Monat (Originaltitel: Black Swan Green) lebt vor allem von seiner Hauptfigur Jason Taylor, der ebenso der Ich-Erzähler seiner Geschichte ist. Jason ist gerade dreizehn Jahre alt geworden und steht auf der Schwelle zwischen Kindheit und Jugend. Er ist ein intelligenter Junge, der vor einem Haufen von Problemen sitzt. In der Rangordnung seiner Schule steht er zu Beginn irgendwo im Mittelfeld, Mädchen interessieren sich auch nicht für ihn und sein bester Freund, der ihm irgendwie auch etwas peinlich ist, gehört zu den uncoolsten Kindern der Schule. Jason würde gerne zu den Jungen gehören, die am meisten respektiert werden. Doch bei seinem Aufstieg dorthin steht er sich meistens mit seinem Gewissen, seiner sympathischen Art und seinem Verständnis von Freundschaft selbst im Weg. David Mitchell gelingt es sehr gut, die Gefühls- und Gedankenwelt eines Jungen wiederzugeben mit all seinen Problemen und Ängsten. Denn Geheimnisse bleiben in einem Ort wie Black Swan Green nicht lange geheim. Einem Ort, in dem man nur heimisch sein kann, wenn die Familie dort seit den Rosenkriegen lebt, wie ein Charakter ironisch bemerkt. Vor allem die Schilderung von Jasons Sprachproblemen ist hervorragend. Denn Jason stottert und seine größte Angst ist es, dass seine Altersgenossen sein Geheimnis erfahren und ihn dafür auf ewig aus ihrem Kreis ausschließen. Jason selbst teilt sein Leben in zwei Zeiten auf: die Zeit vor Henker und die Zeit mit Henker. Denn Henker schnappt sich immer wieder Buchstaben, die danach für Jason nicht mehr auszusprechen sind. Die Vorstellung, bald aus einem Buch vor der ganzen Klasse vorlesen zu müssen, wird so zur Hölle für Jason. Ein weiteres Geheimnis, das er mit niemand teilt, ist sein geheimes Leben als Poet, für das er sich auch ein Pseudonym ausgedacht hat: Eliot Bolivar. Erst mit einer skurrilen alten Frau aus Deutschland traut er sich, darüber zu sprechen und erhält von ihr einige wertvolle Tipps für seine Karriere als Schriftsteller und das Leben im Allgemeinen.
„Aber warum versteckst du ‚Jason Taylor‘ unter eine unzugängliche Symbolist und ein lateinamerikanische Revolutionär?“
Offenbar war mein Hä? Mir anzusehen.
„Eliot! T.S.! Bolivar! Simón!“
“‘Eliot Bolivar’ klang einfach…poetischer”
„Was ist poetischer als Jason, eine griechische Held? Wer hat begründet die europäische Literatur, wenn nicht die alten Griechen? […] Und was ist ein Dichter, wenn nicht ein Taylor, ein Schneider von Worten? Dichter und Schneider verbinden, was sonst niemand kann verbinden. Dichter und Schneider verbergen ihre Kunst in ihrer Kunst.“
Neben der Geschichte des Heranwachsens mit all ihrem Schrecken aber auch Glück zeichnet David Mitchell ein Bild der 80er Jahre in England. Dies geschieht über Musik, Spiele und Ereignisse wie der Rezession und vor allem dem Falklandkrieg. Dieser wird von der Dorfgemeinschaft zunächst nicht wirklich ernst genommen, da Margaret Thatcher eine kurze und siegreiche Auseinandersetzung prophezeit, was von den gelesenen konservativen Medien ohne Hinterfragen aufgenommen und verbreitet wird. Eine der Stärken des Romans ist für mich, dass Mitchell seine Geschichte unsentimental erzählt und die Ereignisse im Leben von Jason nicht unbedingt spektakulär, sondern einfach normal für einen Heranwachsenden sind. Dadurch wirkt das Ganze authentisch und es gibt viele Anknüpfungspunkte, um sich mit Jason zu identifizieren.
Die Mädchen in der Neunten bekommen viel öfter die Erlaubnis, ins Krankenzimmer oder auf Toilette zu gehen, als die Jungs. Duncan Priest sagt, das hat mit der Periode zu tun. Die Periode ist ein ziemliches Geheimnis. Mädchen reden nicht darüber, wenn Jungs dabei sind. Jungs machen kaum Witze darüber, damit nicht rauskommt, wie wenig wir darüber wissen.
Der Stil des Romans ist eher schlicht, was ganz gut zu seinem 13-jährigen Erzähler passt, der die Geschehnisse immer wieder mit jugendlichem Jargon und Schimpfwörtern kommentiert und wiedergibt. David Mitchell hat für diesen Roman einen komplett anderes Thema gewählt als in seinen anderen Werken und ich würde es als etwas schwächer einschätzen als seine anderen Bücher wie Der Wolkenatlas oder Chaos.
Sympathischer Coming-of-Age Roman
Mit Der Dreizehnte Monat ist David Mitchell ein schöner und authentischer Roman gelungen, den ich gerne gelesen habe. Es gelingt hier, die Zeit des Erwachsenwerdens ohne große Aufregung (außer für die Jugendlichen selbst), zu schildern und diese mit all ihren Schrecken, Hoffnungen, Kämpfen und Sorgen darzustellen. Zudem ist Jason ein wunderbarer Hauptcharakter, der oft mit sich selbst kämpft und der mir richtig ans Herz gewachsen ist.
ich dont understand the book
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