Callan Wink – Der letzte beste Ort

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Geschichten von einfachen Menschen

Klappentext: Es ist ein Ort, an dem die Arbeit für gewöhnlich hart, Geld knapp und die Natur prächtig ist, durchgezogen vom Band des Yellowstone River, mit den Rockies am Horizont. Für die Männer in Callan Winks Stories ist es der letzte beste Ort und ihr Zuhause. Doch jeder von ihnen läuft Gefahr, in der Weite des heutigen American West verloren zu gehen: Einer bezahlt einen Faustschlag mit zwei Jahren Gefängnis. Ein anderer schmeißt alles hin, um auf einer Farm zu schuften. Und noch ein anderer befreit aus Mitleid einen Hund, kurze Zeit später flieht er vor zwei bewaffneten Verrückten quer über die Felsen durch die Nacht, barfuß und nackt.

Der letzte beste Ort ist das Debüt des 32-jährigen Amerikaners Callan Wink. Die Geschichten-Sammlung umfasst neun Erzählungen, die alle in Montana spielen, wo auch der Autor beheimatet ist. Wink erzählt aber keine Geschichten von Helden, sondern von einfachen Menschen, die ihr Lebensziel aus dem Blick verloren haben. Doch was bleiben für Alternativen, außer, den harten Alltag weiter zu leben? Die meisten der Protagonisten haben in ihrem Leben schmerzhafte Verluste erlitten, oder haben die falschen Entscheidungen getroffen.

„Zwölf ist wohl auch nicht das schlechteste Alter“, hatte sein Vater gesagt. Damals hatte August geglaubt, er habe den Hund gemeint. Später deutet er es eher so, dass sein Vater habe sagen wollen, zwölf sei nicht das schlechteste Alter für einen Jungen, der zum ersten Mal etwas verlor, was er liebte.

Über allem schwebt das Thema der zwischenmenschlichen Beziehungen. Viele der Figuren sind von einer solchen gezeichnet, oder erfahren eine besondere Beziehung. So nimmt Perry in der Geschichte Noch eine letzte Schlacht seit Jahren an einer Reenactment Veranstaltung teil, bei welcher er sich als General Custer verkleidet. Während seine Frau zu Hause eine Krebsdiagnose erhalten hat, führt Perry schon lange eine Affäre mit einer Indianerin, die ebenfalls an der Veranstaltung teilnimmt und ebenfalls verheiratet ist. Seinem Alltag entflieht auch James, der als Lehrer tätig ist und in den Sommerferien auf einer Ranch arbeitet, wo es ihm gelingt, einen neuen Blick auf sein Leben zu entwickeln.

Die meisten Geschichten sind knapp 30 Seiten lang. Diese wenigen Seiten sind aber ausreichend für den Autor, um das Leben seiner Protagonisten zu skizzieren. Diese sind unterschiedlich, mal Männer mal Frauen, sowohl jünger als auch älter und in manchen Geschichten befinden die Figuren sich noch im Kindesalter. Doch ebenso wichtig wie die präzise Figurenzeichnung erscheint der Ort der Handlungen. Die Natur zwischen den Ausläufern der Rocky Mountains und dem Yellowstone River wird vom Autor gekonnt in Szene gesetzt und dabei einprägsam und bildhaft beschrieben. Das Callan Wink als Fishing-Guide selbst viel im Freien unterwegs ist, ist seinen Texten deutlich anzumerken.

Sie reparierte die Reparatur. Die Definition von Wahnsinn war, immer weiter die Reparatur zu reparieren.

Obwohl es sich hier „nur“ um Kurzgeschichten handelt, sind diese nicht immer chronologisch erzählt. Die Struktur aus Rückblenden und Erinnerungen der Protagonisten fällt vor allem in der letzten Geschichte Im Nachhinein auf, die mit auch um einiges länger ist als ihre Vorgänger. Erzählt wird von Lauren, die zusammen mit einigen Tieren das Haus ihres verstorbenen Mannes bewohnt. Gemeinsam mit dem Leser erinnert sie sich an ihr Leben und an die Ereignisse, die sie zu der Frau gemacht haben, die sie nun ist.

„Scheiße, unersetzlich gibt’s nicht. Gott ist ein Schrottsammler und hat Ersatzteile für alles, was er jemals geschaffen hat.“

Callna Winks Sprache ist eher auf kurze präzise Sätze ausgerichtet und bringt seine Erzählungen gekonnt auf den entscheidenden Punkt, wodurch seine Figuren greifbar werden. Einen besonderen Reiz machen für mich die bildhaften Beschreibungen der Landschaft aus, die so einen Gegensatz schaffen. Nach dem Lesen gab es keine Geschichte oder Figur, die mir nicht auf ihre ganz eigene Weise nahe gegangen wäre.

Kurzgeschichten, die berühren

Ich gestehe, dass ich bis vor kurzem eigentlich immer einen Bogen um Kurzgeschichten gemacht habe. Ich glaube, dass wird sich nach der Lektüre von Callan Winks Debüt ändern und ich werde mich bei dem nächsten Besuch der Buchhandlung offener zeigen. Der letzte beste Ort bringt das Leben seiner Protagonisten auf den entscheidenden Punkt und dank der präzisen Sprache des Autors haben mich alle Erzählungen berührt. Ich hoffe, dass der Roman, an dem der Autor zurzeit arbeitet, ebenso gut wird wie seine Stories.

5sterne

3 Kommentare

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  1. Melanie

    Hey,
    das Buch klingt sehr interessant. Kurzgeschichten lese ich sehr selten und meist nur, wenn sie Horror oder Krimi beinhalten.
    „Den letzten besten Ort“ werde ich mir aber mal merken!
    Liebe Grüße, Melli

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